Innenpolitik:Schluss mit dem Wirrwarr beim Verfassungsschutz

Bundeskriminalamt in Wiesbaden

Das Bundeskriminalamt (hier der Standort Wiesbaden) soll nach dem Willen des Innenministers mehr Kompetenzen erhalten.

(Foto: Fredrik Von Erichsen/dpa)

De Maizière will die Inlandsgeheimdienste zentralisieren. Er hat recht: Der verwinkelte Verfassungsschutz-Verbund ist nicht mehr zeitgemäß.

Kommentar von Ronen Steinke

So viele "Tatort"-Schauplätze es in Deutschland gibt, so viele Landesämter für Verfassungsschutz gibt es auch. Und fast könnte man die Vorstellung für niedlich halten, wie im nass-coolen Bremen ein kleines Team von nur fünfzig Eingeschworenen allein gegen die Übel der Welt kämpfen soll: Als Allrounder führen sie geheime Ermittlungen gegen Spione, kommen Waffenschmugglern auf die Spur und schleichen sich, wenn Zeit bleibt, auch noch undercover bei Neonazis, PKK oder Islamisten ein. In Saarbrücken gehören 70 Leute zu diesem Team. Viel weniger absurd wird die Sache dadurch nicht.

Weil das gesetzliche Aufgabenpensum der Landesämter für Verfassungsschutz in globalisierten und digitalisierten Zeiten irrsinnig groß geworden ist, gibt es, über allen thronend, das Bundesamt für Verfassungsschutz, das den Überblick behalten und aushelfen soll. In diesem verwinkelten Verfassungsschutz-Verbund, wo alle über-, unter-, nebeneinander arbeiten anstatt unter einem Dach, haben sich aber immer Gründe gefunden, weshalb wichtige Informationen nicht weitergegeben wurden. Das zeigt der Fall Amri. Das haben die NSU-Morde gezeigt.

Der Vorschlag des Bundesinnenministers, die Kräfte endlich zentral zu bündeln, ist da nur vernünftig. Natürlich, man braucht weiter eine Präsenz in der Fläche. Und natürlich gibt es große Bundesländer, die schon heute alleine sehr viel leisten können. Bayerns Verfassungsschutz etwa hat 500 Mitarbeiter. Aber auch für die großen Länder, die eigenständig genug sind, ihre eigenen internationalen Kontakte zu pflegen, ist diese Art von Parallelwirtschaft nicht gut. Für die ausländischen Partnerdienste ist es natürlich schön, wenn sie dieselbe Information zweimal "verkaufen" können gegen eine Gegenleistung, einmal an den Bund und einmal an ein Land.

Dass in Berlin eigens ein neues Koordinierungszentrum geschaffen werden musste, das sogenannte Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), damit die linke Hand zumindest punktuell mitbekommt, was die rechte so treibt, zeigt, wie lange sich die Entscheider schon dieses gefährlichen Wirrwarrs bewusst sind.

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