Inhaftierte deutsche Journalisten:Hoffnungszeichen aus Teheran

Irans neuer Außenminister Salehi macht im Fall der inhaftierten deutschen Journalisten seinem Amtskollegen Westerwelle ein Angebot - und legt dabei überraschend wenig Achtung auf die diplomatische Etikette.

Stefan Kornelius

Irans neuer Außenminister Ali Akbar Salehi hat sich in ungewöhnlich direktem Ton über das Schicksal der in seinem Land inhaftierten deutschen Journalisten geäußert - und über Wege zu ihrer Freilassung gesprochen. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel riet Salehi dem Springer-Verlag, sich als Arbeitgeber der beiden Journalisten zu entschuldigen und einzuräumen, "dass sie einen Fehler gemacht" hätten. Gleichzeitig deutete der Minister an, dass es im iranischen Apparat unterschiedliche Auffassungen über die Behandlung der Gefangenen gebe.

Detained German journalists meeting with their family

Nachdem der iranische Botschafter in Berlin einbestellt wurde, kam es zu einem Treffen der beiden in Iran inhaftierten Journalisten mit Familienangehörigen. Die iranische Führung hatte offenbar Meinungsverschiedenheiten wegen des Treffens - nach einem Interview mit dem neuen Außenminister Teherans gibt es nun aber Zeichen der Hofffnung für die Reporter.

(Foto: dpa)

Der Journalist Marcus Hellwig und der Fotograf Jens Koch wurden am 10. Oktober in Haft genommen, als sie in Täbris den Bruder der zum Tod durch Steinigung verurteilten Sakine Aschtiani interviewen wollten. Sie waren ohne Journalistenvisum nach Iran eingereist. Seit ihrer Verhaftung haben sich Bundesregierung, Abgeordnete und andere Vermittler in reger, aber stiller Diplomatie um die Freilassung bemüht.

Eine für den Weihnachtstag versprochene Zusammenführung der Journalisten mit Familienangehörigen fand erst am 28. Dezember statt, nachdem der iranische Botschafter ins Auswärtige Amt in Berlin einbestellt worden war. Ursprünglich hatte in der Bundesregierung die Hoffnung bestanden, dass es Hellwig und Koch erlaubt würde, in der deutschen Botschaft in Teheran auf ihren Prozess zu warten.

Außenminister Salehi zeigte sich in dem Spiegel-Interview leutselig und drückte sein Bedauern darüber aus, dass der Eindruck habe entstehen können, die Journalisten seien wie politische Geiseln im iranischen Fernsehen vorgeführt worden. Mehrfach lobte er die Arbeit der iranischen Justiz in dem Fall. Nach Informationen aus Verhandler-Kreisen stieß die Familienzusammenführung aber auf Widerstand bei den Sicherheitsbehörden und wurde deswegen verzögert.

"Entschuldigen, statt díe Geschichte zu verzerren"

Salehi machte deutlich, dass Visumsverstöße von iranischen Gerichten geahndet werden müssten. Es gilt deswegen als sicher, dass es zu einem Verfahren gegen die Journalisten kommt. Fraglich ist allerdings, ob sie lediglich wegen Visumsverletzungen oder auch wegen Spionage oder eines Straftatbestands im Zusammenhang mit Terrorismus angeklagt werden. Saleh sprach von dem Verdacht, dass sie "von Leuten geschickt wurden, die unseren Staat terroristisch bekämpfen".

Der Außenminister riet, scharfmacherische Äußerungen zu unterlassen. "Ich kann nur alle Beteiligten davor warnen, den Fall zuzuspitzen", sagte er. Gleichzeitig wäre es hilfreich, "wenn Verlag und Chefredaktion einräumen würden, dass sie einen Fehler gemacht haben. Und sich dafür entschuldigen, statt die Geschichte zu verzerren". Der Springer-Verlag reagierte umgehend und teilte mit "Aufsichtsrat, Vorstand und Chefredaktion sind jederzeit bereit, mit Minister Salehi persönlich in Teheran oder an einem anderen Ort seiner Wahl über alle relevanten Fragen zu sprechen".

Auch Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich positiv über das Interview. Allerdings reagierte er zurückhaltend auf eine über den Spiegel ausgesprochene Einladung seines Kollegen. Einladungen werden üblicherweise direkt übermittelt, wenn sie ernst gemeint sind. Befremdlich wirkte auch der Hinweis des iranischen Ministers, Westerwelle habe im Fall der Journalisten bereits fünf Mal mit ihm telefoniert, außerdem habe der deutsche Minister gesagt, er erwarte keine Versprechungen. In der Diplomatie gilt es als ungewöhnlich, Details aus persönlichen Gesprächen preiszugeben.

Unterdessen wurde die iranische Menschenrechtsaktivistin Schiwa Nasar Ahari von einem Berufungsgericht wegen staatsfeindlicher Aktivitäten zu vier Jahren Haft und 74 Peitschenhieben verurteilt, wie dpa berichtet. Ihr wird Verschwörung und Propaganda gegen das iranische Regime angelastet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: