Informationschaos um Brennelemente:Atomkugeln waren nie weg

Tagelang wurde quer durch die Republik nach strahlendem Material aus dem Forschungsreaktor Jülich gefahndet. Dann zeigte sich, es war nie verschwunden. Dafür sucht Rot-Grün in NRW nun etwas anderes: Erklärungen für die Informationspanne.

Eine Phantom-Debatte beschäftigt seit Tagen die nordrhein-westfälische Landespolitik: Gesucht wurden 2285 radioaktive Brennelementkugeln. Die rot-grüne Landesregierung hatte für Alarmstimmung gesorgt mit der Mitteilung, es sei ungewiss, wo das strahlende Material aus dem ehemaligen Forschungsreaktor Jülich geblieben sei. Jetzt stellte sich heraus: Es war nie weg. Peinlich für Rot-Grün und eine Steilvorlage für die Opposition, die die "peinliche Posse" am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag ausschlachtete.

Die Opposition warf der Regierung ein "Kommunikationsdesaster" vor. "Es kann nicht sein, dass das zuständige Wirtschaftsministerium keinen Versuch unternommen hat, den Eindruck zu verhindern, spaltbares Material sei abhandengekommen", sagte der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes. Von einem "skandalösen Schauspiel" sprach der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Hendrik Wüst. Rot-Grün habe auf "Skandalisierung und Verunsicherung der Bevölkerung" gesetzt. Energie-Staatssekretär Günther Horzetzky (SPD) musste einräumen, dass die Kommunikation in dem Fall nicht optimal gelaufen sei und versrpach eine "lückenlose Aufklärung" der Informationspannen bis Ostern.

Die Verwirrung um die vermissten Atom-Kugeln war bereits am Dienstag beendet wurden: Die strahlenden Brennelementkugeln lagern doch im Zwischenlager des Jülicher Forschungszentrums, wie das Bundesumweltministerium nach einem Gespräch mit der NRW-Atomaufsicht mitteilte. "Nach Darstellung der Landesatomaufsicht lagern diese 2285 beim Betrieb oder bei nachfolgenden Versuchen zerbrochenen Kugeln einzementiert im Zwischenlager des Forschungszentrums", erklärte das Ministerium. Die Kugeln seien demnach nicht im ehemaligen Forschungsbergwerk Asse in Niedersachsen eingelagert worden. Diese Darstellung werde auch durch die Prüfungen von Euratom, der Europäischen Atomgemeinschaft, belegt, teilte das Ministerium mit: "Demnach weist die Bilanzierung des Kernmaterials keine Lücken auf."

Die Verwirrung um die tennisballgroßen Kugeln hatte Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) mit einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Parlament ausgelöst. Darin hatte sie angegeben, es seien "allem Anschein nach" Brennelementkugeln im niedersächsischen Asse gelagert worden.

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