Indien und Pakistan:Terrorhelfer festgenommen

Nach den Anschlägen von Mumbai hat die indische Polizei zwei Verdächtige festgenommen. An den Flughäfen herrscht höchste Alarmstufe. Ein anonymer Anrufer täuschte unterdessen die pakistanische Regierung.

War es ein böser Scherz, oder wollte jemand bewusst Indien und Pakistan gegeneinander aufwiegeln? Ein anonymer Anrufer hat es jedenfalls Medienberichten zufolge geschafft, die beiden Atommächte für kurze Zeit näher an den Rand eines Krieges zu bringen.

Indien und Pakistan: Ein Anruf bei Präsident Asif Ali Zardari soll in Pakistan hektische Aktivitäten ausgelöst haben. Beobachter sind erstaunt, wie einfach die Täuschung gelang.

Ein Anruf bei Präsident Asif Ali Zardari soll in Pakistan hektische Aktivitäten ausgelöst haben. Beobachter sind erstaunt, wie einfach die Täuschung gelang.

(Foto: Foto: AFP)

Wie erst jetzt bekannt wurde, hat ein Anrufer, der sich als der indische Außenminister Pranab Mukherjee ausgab, offbar am Freitag vor einer Woche den pakistanischen Präsidenten Asif Ali Zardari angerufen und ihn gewarnt, Indien werde zu militärischen Mitteln greifen, wenn Pakistan nicht die Hintermänner der Terroranschläge von Mumbai (Bombay) ausliefere, berichteten pakistanische Medien am Samstag.

Wie die Zeitung Dawn berichtete, war man in Büro des Präsidenten sicher, dass die Inder nun die "Kriegstrommel" rührten. Es begannen daraufhin hektische Aktivitäten: Die pakistanische Luftwaffe wurde in Alarmbereitschaft versetzt, Kampfjets flogen mit scharfer Munition schützend über Islamabad.

US-Außenministerin Condoleezza Rice wurde über die "gefährliche Lage" informiert. "Ein Krieg stand vielleicht noch nicht unmittelbar bevor, aber wir wollten kein Risiko eingehen", zitierte Dawn einen hohen pakistanischen Regierungsbeamten.

Festnahmen in Mumbai

Erst als Rice mitten in der Nacht den indischen Außenminister Mukherjee anrief und dieser bestritt, der Anrufer gewesen zu sein, begann sich die Lage langsam wieder zu beruhigen, berichtete das Blatt weiter. Es habe jedoch noch mehrere Stunden intensiver internationaler Bemühungen bedurft, um die Situation endgültig zu bereinigen.

Noch am frühen Samstag, den 29. November, habe Pakistan damit gedroht, 100.000 Soldaten von der wegen den radikal-islamischen Taliban und Al-Qaida-Terroristen unsicheren Grenze zu Afghanistan abzuziehen und an die Grenze zu Indien zu verlegen - eine Ankündigung, die in Washington höchste Besorgnis auslöste.

Nicht nur in Pakistan fragten sich viele Beobachter beunruhigt, wie der Präsident eines Atomstaates so einfach getäuscht werden kann. Offensichtlich hatte sich der Anrufer keine besondere Mühe gemacht, als er Zardari anrief, diesem etwas vorzutäuschen. Nach Informationen von Dawn gab es im Büro des Präsidenten keinerlei Versuche, die Identität des Anrufers zu überprüfen.

Derselbe Mann habe wohl auch versucht, Rice anzurufen, sei aber nach der üblichen Überprüfung gar nicht erst durchgestellt worden. In Pakistan wird nun mit aller Energie nach dem Anrufer gesucht. Pakistanische Behörden vermuten, dass der Anruf aus Neu Delhi kam, möglicherweise sogar aus dem Außenministerium, was in Indien vehement bestritten wird.

Nach den Anschlägen von Mumbai mit mehr als 170 Toten war es zu wachsenden Spannungen zwischen Neu Delhi und Islamabad gekommen, da von indischer Seite immer wieder betont wurde, die Attentäter hätten Verbindungen nach Pakistan gehabt.

Eine Woche nach dem Ende des Terrordramas von Bombay mit mehr als 170 Toten sind in Indien zwei mutmaßliche kriminelle Helfer der Terroristen festgenommen worden. Die beiden Verdächtigen sollen den Attentätern gegen Bezahlung SIM-Karten für Handys besorgt, die sie sich mit Hilfe gefälschter Unterlagen beschafft hatten. Ein Polizeisprecher sagte am Samstag, einer der Männer sei am Vortag in Kalkutta genommen worden, der andere in Neu Delhi. Es sehe so aus, als hätten die Beiden nichts direkt mit den Anschlägen zu tun.

Bei den Terroristen waren mehrere Mobiltelefone gefunden worden. Die zehn Angreifer waren am Mittwoch vergangener Woche per Schiff über das Meer in die westindische Metropole gelangt und hatten mehrere Orte angegriffen, darunter zwei Luxushotels, den Hauptbahnhof, ein Krankenhaus sowie ein jüdisches Gemeindezentrum. Neun Terroristen waren bei den drei Tage dauernden Kämpfen getötet worden, einer wurde lebend gefasst. Mindestens 300 Menschen wurden bei dem Terrorangriff verletzt. Laut indischen Medienberichten soll es sich bei dem festgenommen Terroristen um einen Pakistaner mit Verbindungen zu der muslimischen Terrorgruppe Lashkar-e-Taiba handeln.

An den Flughäfen von Neu Delhi, Chennai und Bangalore herrschte nach Terrorwarnungen am Samstag weiterhin die höchste Alarmstufe. Die Flughäfen glichen Festungen. Polizei und Eliteeinheiten patrouillierten im weiteren Umkreis und würden auch bei der Personen- und Gepäckkontrollen helfen, hieß es in Medienberichten. Am Samstag ist der Jahrestag der Zerstörung der Babri-Moschee in der nordindischen Stadt Ayodhya. Fanatische Hindus hatten die Moschee am 6. Dezember 1992 dem Erdboden gleichgemacht. Bei anschließenden landesweiten Zusammenstößen zwischen Hindus und Muslimen waren mehr als 1000 Menschen getötet worden.

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