Indien und Pakistan:Konflikt in Kaschmir droht zu eskalieren

Das fast zehn Jahre alte Waffenstillstandsabkommen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan könnte in Gefahr geraten. Delhi wirft dem Nachbarland vor, zwei Soldaten im indischen Teil Kaschmirs getötet zu haben. Pakistan spricht von Propaganda, Indien von einer nicht hinnehmbaren Provokation.

Der Streit zwischen den Atommächten Indien und Pakistan um massive Verletzungen des Waffenstillstands an der Demarkationslinie in Kaschmir droht zu eskalieren. Die indische Regierung nannte den jüngsten Zwischenfall, bei dem nach Armeeangaben zwei indische Soldaten getötet wurden, eine Provokation. Indiens Außenminister Salman Khurshid sprach im Nachrichtensender NDTV von einem entsetzlichen Vorfall, der nicht hinnehmbar sei. Das werde man Pakistan deutlich machen. Indien hat dazu auch den pakistanischen Botschafter einbestellt.

Indischen Medienberichten vom Mittwoch zufolge wurde die Leiche von mindestens einem Soldaten verstümmelt. Ein pakistanischer Armeesprecher wies die Vorwürfe zurück. "Das sieht nach indischer Propaganda aus, um von dem Angriff auf einen pakistanischen Posten am Sonntag durch indische Truppen abzulenken, bei dem ein Soldat getötet wurde", sagte er.

Indische Medien berichten über Enthauptung

Die indische Armee teilte zu dem jüngsten Zwischenfall vom Dienstag mit, pakistanische Truppen seien im Schutz von dichtem Nebel in den indischen Teil Kaschmirs eingedrungen und dort von einer Patrouille in ein Gefecht verwickelt worden. Bei den Kämpfen, die eine halbe Stunde angedauert hätten, seien zwei indische Soldaten getötet und zwei weitere verwundet worden.

Der indische Sender NDTV berichtete unter Berufung auf ungenannte Armeequellen, einer der Toten sei enthauptet worden, sein Kopf sei nicht aufgefunden worden. Es handele sich um einen der schwersten Verstöße gegen das fast zehn Jahre alte Waffenstillstandsabkommen. Indiens Verteidigungsminister A. K. Anthony sagte, die Art und Weise, wie pakistanische Truppen die Leiche des indischen Soldaten behandelt hätten, sei unmenschlich.

Zwei von drei indisch-pakistanischen Kriegen in Kaschmir

Pakistan hatte Indien am Sonntag vorgeworfen, indische Truppen seien über die Demarkationslinie (LOC) in den pakistanischen Teil Kaschmirs vorgedrungen und hätten dort einen Posten angegriffen. Dabei seien zwei Soldaten schwer verwundet worden, von denen einer später gestorben sei. Indien wies das später zurück und warf Pakistan vor, unprovoziert das Feuer eröffnet zu haben. Das sei ein Ablenkungsmanöver gewesen, um muslimischen Extremisten das Eindringen über die LOC in den indischen Teil Kaschmirs zu ermöglichen.

Indien und Pakistan haben Ende 2003 in der geteilten Region Kaschmir einen Waffenstillstand vereinbart. Trotzdem kommt es an der LOC immer wieder zu Zwischenfällen, für die sich die Truppen beider Länder in der Regel gegenseitig verantwortlich machen. Soldaten werden dabei aber selten getötet.

Seit ihrer Unabhängigkeit von britischer Kolonialherrschaft im Jahr 1947 haben Indien und Pakistan zwei ihrer drei Kriege um Kaschmir geführt. Im indischen Teil Kaschmirs kämpfen muslimische Extremisten um die Unabhängigkeit der Region oder den Anschluss an Pakistan.

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