Im Profil:Wladimir Safronkow

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Wladimir Safronkow.

(Foto: Bebeto Matthews/AP)

Russlands UN-Gesandter, der sich im Ton vergreift und seine Kontrahenten gern duzt.

Von Julian Hans

Ob Russland stolz sein kann auf Diplomaten wie Wladimir Safronkow oder ob sein Auftritt nicht eher beschämend war, darüber gehen die Meinungen auseinander. Bei der Debatte über den gemeinsamen Resolutionsentwurf der USA, Frankreichs und Großbritanniens, in dem es um die Giftgasvorwürfe gegen das syrische Regime ging, hatte er den britischen UN-Botschafter Matthew Rycroft in einem Ton angegriffen, wie man ihn bis dahin im Sicherheitsrat noch nicht gehört hatte. Russische Beobachter fühlten sich an ein Milieu erinnert, das von der Diplomatie sehr weit entfernt ist: die Gauner-Kultur aus den Lagern und deren Imitation durch Kleinkriminelle und Straßenschläger, auch bekannt als "Gopniki".

Gopniki tragen Trainingsanzüge und Schiebermützen, sie hocken in Gruppen in den Hinterhöfen oder am Straßenrand, kauen Sonnenblumenkerne und haben ihr Revier im Blick. Deutsche bekommen eine entfernte Vorstellung davon, wenn sie an den Spruch des Komikers Kaya Yanar denken: "Was guckst du?!" Wer so auf der Straße angegangen wird, macht sich besser auf was gefasst. Nur dass Safronkow, 53, über den Verhandlungstisch nicht "Was guckst du?!" rief, sondern: "Guck mich an! Was wendest du die Augen ab. Schau nicht weg! Warum schaust du weg? Du hast wohl Angst." Rycroft habe Syrien, Iran und die Türkei beleidigt. "Wage es nicht noch einmal, Russland zu beleidigen", rief er und schüttelte den Zeigefinger. In der offiziellen Mitschrift auf der Website der russischen UN-Vertretung ist das "Du" in "Sie" geändert.

Rycroft hatte zuvor sehr ruhig und sachlich gesagt, Russland habe sein Veto missbraucht, um das Assad-Regime zu schützen und den Gebrauch von Chemiewaffen zu verteidigen und sich damit "auf die falsche Seite der Geschichte" gestellt. Regierungskritische Journalisten in Moskau sprachen nach Safronkows Auftritt vom Niedergang der russischen Diplomatie. Früher war diese berühmt für Geschick, List und Härte, heute sei nur noch Härte übrig, die als Zeichen von Souveränität verkauft werde. Maria Sacharowa, die Sprecherin des Außenministeriums, hat eine Mischung aus Häme und Sarkasmus zu ihrem Markenzeichen gemacht. Außenminister Sergej Lawrow geht auch mal ein leises "Vollidioten" über die Lippen, wenn ihn die Fotografen stören.

Mit seinem Auftritt vergangene Woche hat Safronkow sich in dieser Gesellschaft offenbar empfohlen. Vorher war wenig über ihn bekannt. Er hat die Moskauer Diplomaten-Hochschule MGIMO besucht, in der russischen Botschaft in Tunis gearbeitet und den Kontakt zur Palästinenser-Organisation PLO gehalten. Seit seinem Wechsel nach New York war er unter anderem für den Nahen Osten und Iran zuständig. Wladimir Putins Sprecher Dmitrij Peskow lobte den Auftritt des Diplomaten: Es sei seine Aufgabe, die Interessen der Heimat zu verteidigen. "Wenn nötig mit Härte."

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