Im Profil:Georg Funke

GRE CEO
(Foto: Christoph Stache/AFP)

Der ehemalige Chef der kollabierten Hypo Real Estate steht vor Gericht.

Von Stephan Radomsky

Älter ist er geworden, natürlich. Aber das "Gesicht der Finanzkrise", es ist immer noch leicht wiederzuerkennen: Noch immer trägt Georg Funke das schwarze Haar akkurat im Seitenscheitel, nur an den Schläfen blitzt es jetzt grau. Dazu der dunkle Zweireiher, die dunkle Krawatte, die Brille mit dem dünnen Metallgestell, der ruhige Auftritt. Alles wirkt fast wie damals, in der Zeit vor dem 7. Oktober 2008, als Funke noch Chef der Hypo Real Estate (HRE) war und das Institut noch nicht mit Steuer-Milliarden gerettet werden musste.

Natürlich war am Montag nichts wie damals: Funke ist längst nicht mehr der Chef der einst drittgrößten Bank Deutschlands, sondern sitzt auf der Anklagebank vor dem Landgericht München. Es ist, fast achteinhalb Jahre danach, der Auftakt zur strafrechtlichen Aufarbeitung der größten Bankenrettung der deutschen Geschichte. 16,7 Milliarden Euro Steuergeld stecken noch immer in den Überbleibseln der HRE. Die Altlasten sind längst alle abgewickelt, weitere Verluste nicht ausgeschlossen.

Vor Gericht muss sich der inzwischen 61-jährige Funke gemeinsam mit dem ehemaligen HRE-Finanzvorstand Markus Fell für den Beinahe-Kollaps verantworten. Die Anklage wirft ihnen in den Bilanzen für 2007 und das erste Halbjahr 2008 "vorsätzliches Verschweigen und Täuschung" über die wahre Lage bei der HRE vor. Fell soll zudem wenige Tage vor dem Zusammenbruch aktiv gelogen und so den Aktienkurs manipuliert haben. Dagegen ist der frühere Kernvorwurf, dass Funke und die anderen HRE-Vorstände Bankvermögen veruntreut hätten, längst vom Tisch. Funke und Fell bestreitet auch den Rest - vor Gericht erscheinen müssen sie trotzdem.

Für Funke dürfte das besonders unangenehm sein. Einer der öffentlichkeitswirksamen Großbanker aus Frankfurt war er sowieso nie, seine Karriere begann er im Ruhrgebiet im Wohnungsbau. Nach dem HRE-Desaster schirmte sich Funke dann weitgehend ab, bis heute: Wo er lebt, teilt er dem Gericht nur schriftlich mit, auf dass das nicht öffentlich werde. Auf Mallorca hatte er zwischenzeitlich mit Luxusimmobilien gemakelt, die Firma existiert aber nicht mehr. Dass er "derzeit keinen Beruf" habe, ist fast seine einzige Wortmeldung. Zumindest für diesen Tag.

Am Dienstag will Funke sein Schweigen brechen, fast zweihundert Seiten dick soll sein Manuskript sein. Darin wird er wohl im Detail ausführen, wie er die Geschichte sieht: dass die HRE nie pleite war, sondern vom damaligen Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, und von Finanzminister Peer Steinbrück in den Ruin getrieben wurde. Ackermann, so sieht es Funke, wollte testen, wie weit die Bundesregierung im Ernstfall geht. Steinbrück wollte nach Meinung Funkes politisches Kapital daraus schlagen, öffentlichkeitswirksam eine Bank zu retten.

Das Urteil wird frühestens im Herbst gesprochen. Dass Funke in Haft muss, gilt selbst bei einem Schuldspruch als unwahrscheinlich.

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