Im Gespräch mit Otto Schily:"Ich hatte immer sehr gute Plätze"

In den Siebzigern saß er im Gerichtssaal neben der RAF, vor einem Jahr noch auf der Regierungsbank. Jetzt erntet Otto Schily Oliven und spricht endlich einmal über sein Leben.

Rainer Schmidt und Hajo Schumacher

SZ-Magazin: Sie kommen gerade aus der Toskana. Wann erntet der Gutsbesitzer Schily? Otto Schily: Gutsbesitzer ist etwas übertrieben. Die Olivenernte ist im November. Erstaunlicherweise tragen einige der 300 Bäume sehr gut, obwohl wir dieses Jahr niemanden gefunden haben, der sie für uns schneidet. Die Oliven stehen am Hang, das macht die Sache kompliziert - gerade mit dem Traktor, wenn ich mähen muss.

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(Foto: Foto: Konrad R. Müller)

SZ-Magazin: 300 Bäume! Sie sind ja ein Öl-Magnat. Otto Schily:Nein, leider nicht. Die Oliven ergeben so um die 150 Liter, das meiste davon brauchen wir selbst.

SZ-Magazin: Wirtschaften Sie so ökologisch korrekt, dass Claudia Roth zu Besuch kommen könnte? Otto Schily:In diese Verlegenheit wird Claudia Roth kaum kommen. Aber meine Olivenbäume werden nicht gespritzt.

SZ-Magazin: Was halten die Italiener vom Einwanderer Schily? Otto Schily: Ich bilde keine Parallelgesellschaft, sondern gehöre dazu, sicher auch, weil ich ganz ordentlich Italienisch spreche. Wenn ich bei den Polizeibeamten Eindruck machen will, lege ich manchmal meinen italienischen Orden an ... (lacht)

SZ-Magazin: Bis vor einem Jahr hatten Sie noch ein paar Statussymbole mehr. Was vermissen Sie am meisten, seitdem Rot-Grün die Regierungsverantwortung verloren hat? Otto Schily: Eigentlich nichts, außer vielleicht der Möglichkeit, auf politische Entscheidungen unmittelbar einzuwirken - die ist ja außerhalb der Regierung begrenzt. Dafür bin ich wieder Herr über meinen Kalender.

SZ-Magazin: Kaum zu glauben. Sie haben mit großer Hingabe einen großen Apparat kommandiert. Da muss Ihnen doch etwas fehlen? Otto Schily:In der Tat muss man sich umstellen. Ein einfaches Abgeordnetenbüro verfügt über einen relativ kleinen Apparat, und das Anwaltsbüro baue ich erst auf. Aber ich komme damit sehr gut zurecht und kann auch keinerlei Entzugserscheinungen feststellen, wie immer vermutet wird. Ich wollte ja schon 2002 aufhören, mit 70 Jahren. Aber dann hat mich Schröder doch noch einmal überredet. Und vor allem meine Frau.

SZ-Magazin: Haben Sie wenigstens als Fußball-Fan gelitten? Erst holen Sie gemeinsam mit Beckenbauer und Schröder die WM nach Deutschland und dann müssen Sie auf die billigen Plätze? Otto Schily: Mit Schmerz kann ich leider nicht dienen. Ich hatte immer sehr gute Plätze. Nur manchmal, wenn die Staatspräsidenten in Kompaniestärke aufmarschiert sind, saß ich nicht auf der Ehrentribüne. Ich war bei vielen Spielen dabei und öfter auch in der Kabine unserer Mannschaft. FIFA und DFB haben sich mir gegenüber äußerst korrekt verhalten und mir bei vielen Gelegenheiten für meine Arbeit gedankt, mehr kann ich wirklich nicht verlangen. Nur eine Sache fand ich stillos: Gerhard Schröder wurde beim Endspiel schlechter platziert als Helmut Kohl. Selbstverständlich hätte Gerhard Schröder auf der Ehrentribüne sitzen müssen.

SZ-Magazin: Hat Sie diese eruptive Deutschland-Begeisterung irritiert? Otto Schily: Nein, überhaupt nicht, weil die einen positiven Charakter hatte. Das ist auch ein Verdienst der alten Regierung, dass dieses Land heute anders tickt als früher. Der Umgang mit den Nationalfarben war entspannter, kreativer, heiterer, das Symbol für ein modernes, weltoffenes Deutschland. Das hat mir sehr gut gefallen.

Den zweiten Teil dieses Interviews lesen Sie, wenn Sie dem Link folgen!

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