Ikea:Made by Africa

Der Möbelhersteller hat zwölf Designer vom schwarzen Kontinent damit beauftragt, eine neue Kollektion zu entwerfen - nicht nur für Kunden in Afrika.

Von Isabel Pfaff

Es gibt sie auf jedem afrikanischen Markt von Dakar bis Nairobi, von Addis Abeba bis Durban: geschnitzte Nashörner und Giraffen, Perlenschmuck, geflochtene Körbe, orangerote Sonnenuntergangsbilder. Viele Touristen lieben solches Kunsthandwerk. Dem Image afrikanischen Designs jedoch hat diese eingeschränkte Produktpalette gar nicht gutgetan.

Dabei mangelt es dem Kontinent keineswegs an kreativen Köpfen. An Afrikas Kunsthochschulen, in Künstlerkollektiven und auf Designplattformen im Netz formiert sich gerade eine innovative Künstlerszene, die wenig mit Batik-Kleidern und Tierfiguren zu tun hat. Ihre Stars stellen in Europa aus, gewinnen Filmpreise und eröffnen Designläden auf der ganzen Welt.

Das ist auch dem schwedischen Möbelhaus Ikea aufgefallen. "Ikea ist neugierig auf die kreative Explosion, die gerade in mehreren Städten Afrikas stattfindet", sagt Marcus Engmann, Chefdesigner bei Ikea. "Wir wollen davon lernen und es im Rest der Welt verbreiten."

Und so hat der weltweit größte Möbelproduzent ein Dutzend afrikanischer Designerinnen und Designer engagiert, um das eigene Angebot zu erweitern. Darunter sind ein Architektenpaar aus Kenia, das sich auf Möbel aus lokalen Materialien spezialisiert hat, und eine Modeschöpferin aus Südafrika, die nur mit handgefertigten Stoffen arbeitet. Mit dabei ist auch ein senegalesischer Produktgestalter, der von Geschirr über Möbel bis hin zu Autos so ziemlich alles entwirft.

Die zwölf Designer aus sieben afrikanischen Ländern werden zusammen mit ihren Ikea-Kollegen eine Afrika-Kollektion entwerfen, die ab 2019 zu kaufen sein soll. Aus welchen Einrichtungsobjekten die Kollektion bestehen wird, ist allerdings noch nicht bekannt.

Beim ersten Treffen im März werden die Designer laut Ikea zunächst über "moderne Rituale" und ihre Rolle im Alltag nachdenken. Denn, so schreibt das Möbelhaus, man wolle dem Ikea-Grundsatz des "demokratischen Designs" treu bleiben - also den Alltag von Menschen auf der ganzen Welt mit klugem Design erleichtern. Da sei es ganz natürlich, dass man mit afrikanischen Kreativen zusammenarbeite, sie wüssten schließlich mehr über die Alltagsbedürfnisse von Afrikanern.

Kreativ-Explosion, demokratisches Design, das Leben in Afrika erleichtern: Fast könnte man Ikea für eine Wohltätigkeitsorganisation halten - aber nur fast. Denn was der Konzern bei aller Euphorie über das Projekt nicht verrät: In ganz Afrika gibt es bislang nur zwei Ikea-Märkte, einen in Kairo und einen in Casablanca. Die meisten Afrikaner werden die neue Kollektion also gar nicht zu Gesicht bekommen. Geht es am Ende weniger um sie und viel mehr um frische Ideen für den Möbelkonzern und seine vorrangig westliche Kundschaft?

Was auch immer die wahren Beweggründe des Unternehmens sind: In zwei Jahren werden zumindest die Ikea-Kunden in Europa, Asien und Nordamerika einen Eindruck davon bekommen, was in Fragen des Design gerade auf dem afrikanischen Kontinent los ist. Vielleicht werden sie dann ein bisschen weniger an geschnitzte Nashörner und gemalte Sonnenuntergänge denken, wenn es um Afrika geht.

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