Referendum zur Homo-Ehe:Irischer Frühling

Referendum zur Homo-Ehe: Das Bild von einem lesbischen Paar ziert das Caher Castle im irischen Galway.

Das Bild von einem lesbischen Paar ziert das Caher Castle im irischen Galway.

(Foto: AP)
  • Seit 2011 können Schwule und Lesben in Irland eine eingetragene Partnerschaft eingehen.
  • Jetzt stimmt das stark katholisch geprägte Land darüber ab, ob die Homo-Ehe in der Verfassung gleichgestellt wird - dies hätte eine große symbolische Bedeutung.
  • Die Parlamentarier sind mehrheitlich dafür, und auch in Umfragen liegen die Befürworter vorne.
  • Doch die Unterhauswahl in Großbritannien hat gezeigt, dass auf die Zahlen nicht immer Verlass ist. Die Wahlbeteiligung bei jungen Iren könnte entscheidend sein.

Von Christian Zaschke

Knapp 15 Meter hoch ist das Bild der beiden Frauen, die einander inniglich zugetan sind. Der irische Künstler Joe Caslin hat die Installation am Caherkinmonwee Castle in der Grafschaft Galway angebracht, wo sie nun weithin zu sehen ist. Es ist das Gegenstück zu einem Bild, das Caslin mitten in Dublin aufgehängt hat: Das wiederum zeigt zwei Männer, die einander liebevoll umarmen. Diese beiden großformatigen Bilder sind die wohl eindrücklichsten Zeichen dafür, dass Irland am Freitag vor einer historischen Entscheidung steht: Das Land stimmt darüber ab, ob die Homo-Ehe und damit die volle rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare in der Verfassung verankert werden soll. Stimmt eine Mehrheit dafür, wäre Irland das weltweit erste Land, das die Homo-Ehe per Volksabstimmung einführt.

Seit 2011 können Schwule und Lesben in Irland eine eingetragene Partnerschaft eingehen, was ihnen praktisch die gleichen Rechte und Pflichten gibt wie in einer Ehe. Die Anerkennung der Homo-Ehe in der Verfassung hat jedoch enorme symbolische Bedeutung, insbesondere in einem Land, das so lange von den Moralgeboten der katholischen Kirche geprägt war. Die Kirche lehnt die Initiative ab und fordert die Gläubigen dazu auf, gegen die Anerkennung zu stimmen. Dennoch sagen Umfragen einen Sieg der Befürworter voraus. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil sich 80 Prozent der Iren noch immer als katholisch bezeichnen.

Seit Wochen wird im Land diskutiert, in Internet-Foren, im Radio, in Zeitungen und auf der Straße. Aktivisten ziehen von Haustür zu Haustür, um für ihre Überzeugung zu werben. Eine der prominentesten Befürworterinnen der Homo-Ehe ist die ehemalige Präsidentin Mary McAleese, deren Sohn Justin schwul ist. Mit einem Ja, argumentiert sie, werde in Irland endlich wahre Gleichberechtigung herrschen.

Premierminister Kenny ist regelmäßiger Kirchgänger

Fast alle Parlamentarier befürworten die Anerkennung, Premierminister Enda Kenny eingeschlossen, der praktizierender Katholik und regelmäßiger Kirchgänger ist. Die Gewerkschaften haben sich dafür ausgesprochen, verschiedene Künstler und Sportler und auch die meisten großen Unternehmen. Kirchenvertreter und konservative Familiengruppen begründen ihre Ablehnung damit, dass ein Kind ein Recht auf Vater und Mutter habe. Die Anerkennung der Homo-Ehe untergrabe die Ehe zwischen Mann und Frau als Nukleus der Gesellschaft. Dass es die Debatte in dieser Breite überhaupt gibt, zeigt, wie sehr sich das Land verändert hat. Bis 1993 war Homosexualität in Irland strafbar. Erst seit 1995 ist die Scheidung legal geworden.

Trotz klarer Führung in den Umfragen sind die Befürworter aber skeptisch, weil besonders alte und gläubige Menschen gegen die Homo-Ehe sind und diese Gruppe am ehesten wählen geht. Die Wahlbeteiligung gerade unter jungen Iren könnte daher entscheidend sein. Was den Befürwortern zudem zu denken gibt: Die jüngste Unterhauswahl im Nachbarland Großbritannien, bei der die Konservativen entgegen aller Prognosen eine absolute Mehrheit errangen, hat gezeigt, dass auf Umfragen nicht immer Verlass ist. Das irische Ergebnis soll am Samstagnachmittag vorliegen.

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