Homo-Ehe:Die Gesellschaft ist weiter als CDU und CSU

Early results suggest gay marriage supporters win referendum

Die Iren haben sich für die Gleichstellung Homosexueller ausgesprochen - zwei Frauen feiern das in Dublin mit einem Kuss.

(Foto: Aidan Crawley/dpa)

Die Union versteht sich als Bollwerk gegen die völlige Gleichstellung der Homosexuellen. Sie verkennt damit, wie die katholische Kirche in Irland, die Zeichen der Zeit. Die SPD kann sich freuen.

Kommentar von Stefan Braun

Ausgerechnet Irland, diese vor gar nicht so langer Zeit noch hartleibige Trutzburg des konservativen Katholizismus, hat sich von der Ungleichbehandlung homosexueller Paare verabschiedet. Und das nicht verdruckst, verklemmt, in kleinen Schritten. Nein, die Iren haben sich mit heiterer Gelassenheit und großer Mehrheit entschieden, dem vermeintlichen Schreckgespenst Homosexualität Adieu zu sagen. Knapp zwei Drittel aller, die sich an der Volksabstimmung beteiligten, haben sich für eine komplette Gleichstellung homosexueller Paare ausgesprochen. Das ist ein Segen für die Schwulen und Lesben - und eine Botschaft an die Konservativen in ganz Europa, auch in Deutschland.

Die entscheidende Bewertung der irischen Volksabstimmung kommt nicht von den Siegern. Sie stammt vom Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin. Er hat seine Kirche nach der Abstimmung zu einem Realitäts-Check aufgerufen, spricht von einer "sozialen Revolution" und fragt sich, ob seine Kirche komplett abgedriftet sei von den Gefühlen der jungen Menschen. Schonungsloser kann ein Verlierer kaum deutlich machen, dass er nicht mehr mit der Zeit geht.

Womit man bei CDU und CSU wäre. Die Unionsparteien verstehen sich - ähnlich wie die katholische Kirche in Irland - als Bollwerk gegen eine völlige Gleichstellung der Homosexuellen in Deutschland. Deshalb wird es eine solche Gleichstellung in dieser Legislaturperiode wohl auch nicht mehr geben. Ein paar kleinere Verbesserungen sollen noch rausspringen, das Kabinett wird sie am Mittwoch beschließen. Mehr aber wird es nicht sein bis zur nächsten Wahl 2017.

Das Verfassungsgericht hat die Gleichstellung vorangetrieben - und nicht die Union

Nun kann man den Christdemokraten zugutehalten, dass man hierzulande von einer Diskriminierung, wie sie in Irland lange galt, nicht mehr reden kann. Die eingetragenen Lebenspartnerschaften gibt es seit dem Jahr 2001, und die rechtlichen Gleichstellungen beispielsweise im Steuerrecht sind kontinuierlich vorangekommen.

Viele Konservative argumentieren deshalb, es sei doch schon viel getan worden. Sie verkennen aber, dass die Befindlichkeiten der Union nicht der alleinige Maßstab sein können. Es geht darum, wie tolerant, liberal und lebensnah die deutsche Gesellschaft sein möchte - erst recht jetzt, nach dem Votum in Irland. Nicht ohne Grund gehört Artikel 3 des Grundgesetzes, der die Gleichheit aller vor dem Gesetz regelt, zu den wichtigsten Grundrechten unserer Verfassung. Auf der Basis dieses Artikels hat das Bundesverfassungsgericht - und nicht die Union - die Gleichstellung vorangetrieben, indem es Ungleichbehandlungen untersagte. Heute ist die Gesellschaft weiter, als die Konservativen es wahr haben möchten.

Die SPD freilich, auch das gehört zur Wahrheit, gibt sich öffentlich zwar zerknirscht, weil nichts mehr passieren soll bis 2017. Tatsächlich aber freuen sich die Sozialdemokraten über die Sturheit des Koalitionspartners. Es gibt eben kaum noch Themen, bei denen sie so deutlich moderner wirken als die Christdemokraten.

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