Hinrichtung:Grausame Todesspritze

Von wegen sanftes Töten: Verurteilte in den USA erleben ihre Exekution oft bei vollem Bewusstsein.

Von Christina Berndt

Diese Technik des Tötens soll besonders sanft sein. Deshalb hat eine Spritze in den meisten Ländern, in denen die Todesstrafe zum Repertoire der Justiz gehört, archaischere Methoden wie den elektrischen Stuhl abgelöst.

Auf diesem Bett im Nevada State Prison in Carson City werden Verurteilte zum Sterben festgeschnallt

Auf diesem Bett im Nevada State Prison in Carson City werden Verurteilte zum Sterben festgeschnallt.

(Foto: Foto: AP)

Doch wenn wahr ist, was Ärzte jetzt in der Fachzeitschrift Lancet berichten, dann erleiden jene Menschen, die zu Tode gespritzt werden, mitunter entsetzliche Qualen. In den USA erlebten zahlreiche Delinquenten ihre Exekution bei vollem Bewusstsein, beklagt Leonidas Koniaris von der University of Miami.

Wenn das staatlich verordnete Ableben ohne unnötiges Leiden vonstatten gehen soll, muss vor allem eines stimmen: die Anästhesie. Denn mit einer guten Narkose sollte der Mensch bewusstlos sein und keine Schmerzen empfinden.

Eben deshalb besteht die Todesspritze aus drei aufeinander folgenden Injektionen. Zunächst wird dem Todgeweihten das Narkosemittel Thiopental gespritzt. Erst danach sollte er ein Mittel erhalten, das seine Muskeln lähmt, und schließlich Kaliumchlorid, damit das Herz zu schlagen aufhört.

Langsames Ersticken

Doch ausgerechnet bei der Anästhesie werde geschlampt, beklagen die Mediziner aus Miami. "Ohne ausreichende Narkose aber spürt der Verurteilte, wie er langsam erstickt", sagt der Anästhesie-Professor Hans Georg Kress vom Allgemeinen Krankenhaus Wien.

Der Delinquent erleide Todesangst, und das Kaliumchlorid könne "entsetzliche Schmerzen" verursachen. Wegen der lähmenden zweiten Injektion sei der Sterbende nicht einmal imstande, das zum Ausdruck zu bringen.

"Im Operationssaal überprüfen wir grundsätzlich die Narkosetiefe, indem wir die Reflexe des Augenlids testen", erläutert Kress.

Diese Mühe machen sich die staatlichen Henker in den USA jedoch nicht, wie Exekutionsprotokolle aus Texas und Virginia ergaben, die Koniaris ausgewertet hat. Die Schlafmittel wurden aus der Ferne zugeführt, ohne dass das Ergebnis der Arbeit überprüft wurde.

Ohnehin seien die Exekutoren nie in den Methoden der Anästhesie geschult worden. Dass ihre Arbeit oft wirklich nichts taugt, lassen Autopsieberichte aus Arizona, Georgia, North Carolina und South Carolina ahnen.

Beim Töten von Tieren verboten

Darin sind die Konzentrationen des Narkosemittels festgehalten, die sich im Blut der toten Häftlinge fanden. Bei 43 der 49 Exekutionen waren die Spiegel niedriger, als dies für Operationen vorgeschrieben ist.

21 Hingerichtete hatten sogar so wenig Thiopental im Blut, dass sie vermutlich bei vollem Bewusstsein waren, stellte Koniaris fest. Allerdings könne das Narkosemittel nach dem Tod rasch abgebaut werden, gibt der Wiener Anästhesist Kress zu bedenken. Während des Sterbens seien die Konzentrationen womöglich höher gewesen.

Zwar ist die Todesstrafe auch in den USA umstritten: Im Staat New York scheiterte soeben ihre Wiedereinführung. Doch die Verfechter zeigen sich selbst von den Narkose-Schlampereien ungerührt: Ein Mitarbeiter des Bürgermeisters von Houston sagte dem Houston Chronicle: "Ob die Hinrichtung schmerzhaft ist oder nicht, eines ist sicher: Sie ist weniger qualvoll als der entsetzliche Tod, den das Opfer durch die Hand des Angeklagten erlitt."

Gleichwohl haben 19 US-Staaten lähmende Substanzen, wie sie in der zweiten Stufe der Todesspritze verwendet werden, zum Töten von Tieren verboten. Texas ist auch darunter.

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