Hillary Clintons Comeback:Die Stehauffrau

Mit ihrem dritten Comeback in diesem Vorwahlkampf hat Hillary Clinton bewiesen, dass es ein schwerer Fehler ist, sie abzuschreiben. Ihre Sturheit, eine harte Kampagne mit den richtigen Inhalten und eine ihr zugetane Wählerschaft brachten sie wieder nach vorne.

Barbara Vorsamer

"Immer wieder wollt ihr uns zu Grabe tragen, aber wir erstehen immer wieder auf, " sagte ein Mitarbeiter von Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton nach ihren Siegen in Ohio, Texas und Rhode Island zur Washington Post. Er hat nicht unrecht: Die New Yorker Senatorin wurde nun schon so oft vor dem Aus gesehen, dass sie ihrem Konkurrenten Barack Obama wie ein Poltergeist vorkommen muss.

Wie hat es Clinton geschafft, nach elf aufeinanderfolgenden Niederlagen, das Ruder wieder herumzureißen? Wie schaffte sie - genau wie nach dem miesen dritten Platz in Iowa und dem Bangen um Kalifornien am Super Tuesday - nun zum dritten Mal einen Sieg zu einem Zeitpunkt, als alle sie schon längst abgeschrieben haben?

Da ist zunächst mal Hillary Clintons unglaubliche Sturheit. Trotz ihrer verheerenden Serie der letzten Wochen hat die ehemalige First Lady sich kein Zeichen von Schwäche geleistet. Es gab nicht das winzigste Anzeichen, dass sie vielleicht manchmal ans Aufhören denkt, kein Wackeln und Wanken in ihren inhaltlichen Positionen.

Was eigentlich erstaunlich ist, schließlich hat die Präsidentschaftskandidatin aufgrund ihrer Verluste die Führungsriege ihres Wahlkampfteams komplett ausgetauscht. Doch was sich veränderte, waren Stil und Ton, nicht der Inhalt.

Clintons neue Wahlkampfmanagerin Maggie Williams führte einen Fünf-Punkte-Plan ein, zu dem gehörte, Konkurrent Barack Obama schärfer anzugreifen und auch vor Negative Campaigning nicht zurückzuschrecken. So ist es vermutlich kein Zufall, dass gerade diese Woche Geschichten über ein Gerichtsverfahren gegen einen prominenten Obama-Freund und -Gönner an die Öffentlichkeit kamen. Auch veröffentlichte das Clinton-Camp einen Werbespot, in dem Obamas Krisenfähigkeit schwer in Frage gestellt wurde und suggerierten, dass nur in einem von Clinton regierten Land die Kinder ruhig schlafen könnten.

Diese Strategie war nicht ohne Risiko. Die ehemalige First Lady weiß aus leidvoller Erfahrung, dass sie nicht gut ankommt, wenn sie ihre aggressive Seite zeigt. Doch das war diesmal nicht so. Die Betonung der "Erfahrungslücke" zwischen den beiden Bewerbern verfing. Laut Umfragen glauben derzeit 70 Prozent der Wähler, dass Clinton in der Lage ist, die Probleme des Landes zu lösen, von Obama glauben das nur 57 Prozent.

Auch setzte das Clinton-Camp auf die richtigen inhaltlichen Fragen. "It's the economy, stupid", das wusste schließlich schon Ehemann Bill im Wahlkampf 1992. 16 Jahre später konnte Hillary die um ihre Finanzen besorgten Arbeiter mit dem Versprechen, Ohios Wirtschaft wiederzubeleben und das Freihandelsabkommen Nafta kritisch zu überdenken, für sich gewinnen.

Ihre anderen wichtigen Unterstützer waren Latinos und Ältere. Erstere Gruppe verschaffte ihr gemeinsam mit den weißen Frauen den hauchdünnen Vorsprung im Bundesstaat Texas. Den über 65-Jährigen verdankt sie alles. In dieser Wählerschaft übertrifft Clinton ihren Konkurrenten Obama mit überragenden 73 zu 24 Prozent. Und darüber, dass Obama einen ebenso großen Vorsprung bei den unter 25-Jährigen hat, kann die Senatorin milde lächeln: Die Alten sind eine doppelt so starke Wählergruppe wie die Jungen, auch wenn Bilder von Wahlkampfveranstaltungen vielleicht anderes suggerieren. Rentner kommen zwar nicht zum Jubeln - aber sie gehen wählen.

Es waren diese Bilder der vielen jungen Jubelnden bei Obama-Reden und die Umfragen, von denen die meisten die Nase des Senators aus Illinois vorne sahen, weswegen viele Kommentatoren Clintons Ende nahen sahen. Doch einmal mehr zeigen die Vorwahlen von Ohio und Texas, dass die Interpretation mancher Umfragen sich wenig von Kaffeesatzleserei unterscheidet.

Wie können auch seriöse Prognosen entstehen, aus Befragungen, bei denen viele gar nichts und noch mehr "weiß nicht" antworten? Trotz dieser Mängel werden Umfragen wie Fakten behandelt, so dass falsche Erwartungen an das Wahlergebnis gestellt werden.

Weil die Vorhersagen nicht zu ihren Gunsten waren, konnte Hillary Clinton auf den Underdog-Faktor zählen. Der hat zwei Vorteile: Zum einen fühlen sich Anhänger eines Wackelkandidaten mehr zum Urnengang verpflichtet. Der Kandidat braucht ja die Stimmen. Und zum anderen: Amerikaner lieben Sieger, die aus einer Position der Schwäche gewinnen. Diese älteste aller Storylines scheint auch im amerikanischen Wahlkampf immer wieder zu verfangen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: