Hessen: Silke Tesch:Geheimtreffen zwischen CDU und SPD-Abweichlerin

Diskreter Besuch: Wie ein Vertrauter von CDU-Ministerpräsident Koch die Sozialdemokratin Tesch vor der gescheiterten Ypsilanti-Wahl umwarb.

Christoph Hickmann

Vor dem im vergangenen Jahr gescheiterten Regierungswechsel in Hessen hat die CDU-Landesregierung offenbar versucht, Einfluss auf eine SPD-Parlamentarierin zu nehmen.

Silke Tesch Walter Everts Metzger Ypsilanti SPD ddp

Vier gegen Ypsilanti: (v.Li.) die SPD-"Rebellen" Metzger, Walter, Everts und Tesch

(Foto: Foto: ddp)

Die damalige sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Silke Tesch bestätigte der Süddeutschen Zeitung, dass es Ende Oktober ein Treffen mit Regierungssprecher Dirk Metz gab, einem der engsten Vertrauten des damals nur geschäftsführend amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch. Sie bestritt zwar, dass Metz ihr konkret die Bildung einer eigenen Fraktion im Landtag vorgeschlagen habe - allgemein aber habe er dieses Thema angesprochen.

Tesch und Metz trafen sich kurz vor der geplanten Wahl der damaligen hessischen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin. Zu diesem Zeitpunkt stand gerade fest, dass Teschs politischer Verbündeter Jürgen Walter nicht Wirtschaftsminister werden würde, was den pragmatischen SPD-Flügel empört hatte.

Tesch, Walter sowie Carmen Everts und Dagmar Metzger verweigerten Ypsilanti dann Anfang November die Stimmen und verhinderten eine von der Linken tolerierte rot-grüne Regierung.

"Metz hatte seit Wochen und Monaten versucht, mit mir einen Gesprächstermin zu finden, ich hatte zwei- oder dreimal abgelehnt", sagte Tesch der SZ. Als Metz dann seine Mutter in Siegen besucht und Tesch benachrichtigt habe, dass er in der Nähe sei, habe sie sich von ihrem Wohnort Breidenbach aus auf den Weg gemacht.

Misstrauen "von beiden Seiten"

Sie habe mit Metz "ein Gespräch ohne größere Inhalte" geführt, das aus "einem gegenseitigen Abtasten" bestanden habe, "misstrauisch von beiden Seiten".

Angesichts des bevorstehenden Regierungswechsels habe Metz gesagt, "er müsse sich einen Job suchen und habe sich zum ersten Mal in seinem Leben eine eigene E-Mail-Adresse angelegt", sagte Tesch: "Vielleicht wollte er von mir wissen, ob ich Andrea Ypsilanti nicht wähle, aber er hat mich das nicht gefragt."

Allerdings habe Metz "von der Siegener Stadtpolitik" gesprochen. Dort hätten mehrere Politiker eine eigene Fraktion gebildet. "Ich will deshalb nicht beschwören, ob er mir indirekt die Frage gestellt hat, wie ich zu einer eigenen Fraktionsgründung stehe", sagte Tesch. "Konkret hat er das aber auf keinen Fall getan."

CDU und FDP hatten damals im Landtag keine Mehrheit. Metz bestätigte die Darstellung: Er habe "erzählt, dass in Siegen vor mehr als 20 Jahren angesehene SPD-Kommunalpolitiker aus Verärgerung über den Linkskurs der dortigen Sozialdemokratie eine eigene Wählergruppe gebildet haben, die bis heute dem Stadtparlament angehört".

Unterdessen widersprach Jürgen Walter Berichten, wonach er und andere der SPD-Rebellen die Gründung einer neuen Partei erwögen. Das sei "völlig an den Haaren herbeigezogen" und "frei erfunden", sagte er der SZ. Es gebe "keinerlei Bestrebungen dieser Art, weder bei mir noch bei den anderen dreien".

Zu Meldungen, es habe deswegen Kontakte zum früheren SPD-Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement gegeben, sagte Walter, er habe mit Clement einmal per E-Mail Kontakt gehabt, es habe aber "nie ein Gespräch über eine Parteigründung gegeben".

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