Helmut Kohl und der CDU-Ehrenvorsitz:Ehre, wem Ehre gebührt

Die CDU denkt gar nicht daran, dem Altkanzler den Ehrenvorsitz der Partei zurückzugeben. Zu sehr erinnern seine schwarzen Kassen an die Sponsoring-Affäre der NRW-CDU - mitten im Wahlkampf.

Nico Fried

Der Wille zu einer Art Versöhnung ist groß, jedenfalls bei vielen der Medien, die Helmut Kohl über Jahrzehnte nicht geschont haben. Und der Wille wird immer größer, je näher Kohls 80. Geburtstag am 3. April rückt. Die selbstkritische Reflexion über den Umgang mit Kohl findet allerdings einseitig statt - Altersmilde andersrum. Von Kohl gibt es kein Signal, dass er seine Ruppigkeit gegenüber der Presse und seine Unverschämtheiten gegenüber einzelnen Journalisten auch nur als solche verstehen würde.

In dieser allgemeinen Stimmung, Kohl irgendwie doch in guter Erinnerung behalten zu wollen, fällt schon auf, wie zurückhaltend ausgerechnet die CDU mit ihrem Kanzler der Einheit und Parteichef der schwarzen Kassen umgeht. Nur die Senioren-Union und die Mittelstands-Vereinigung haben vorgeschlagen, Kohl den Ehrenvorsitz wieder anzutragen.

Die Resonanz auf diese Idee kann man nicht gerade als Massenbewegung bezeichnen. Christian Wulff, Parteivize und niedersächsischer Ministerpräsident, einer der wenigen, die sich überhaupt äußern, erinnerte jetzt daran, dass Kohl auf dem Höhepunkt der Spendenaffäre den Ehrenvorsitz selbst niedergelegt habe. Dabei sollte es bleiben, so Wulff ziemlich kühl, zumal der Partei dadurch materiell schwerer Schaden entstanden sei. Hinzu kommt, dass Kohl bis heute die Herkunft von Spenden verschweigt. Rechtsbrecher verdienen andere Ehren.

Parteichefin Angela Merkel hat die Frage nach dem Ehrenvorsitz für Kohl zu einer Frage erklärt, die sich nicht mehr stelle. Merkels Verhältnis zu Kohl ist rein funktional: So viel Dankbarkeit wie nötig, so viel Distanz wie möglich. Der Abgrenzung zu ihrem Förderer verdankte sie einen entscheidenden Schritt in ihrer Karriere. Dem Harmoniebedürfnis der eigenen Leute gab sie später nach, indem sie Kohl ins Kanzleramt einlud. Im Wahlkampf 2009 ließ sie sich auf der Terrasse von Kohls Wohnhaus Mozzarella mit Tomaten und Streuselkuchen servieren und anschließend mit dem Altkanzler fotografieren - eiskalt kalkuliert zur Mobilisierung konservativer Wähler.

Einen ähnlichen Effekt könnte sich die CDU von der offiziellen Geburtstagsfeier für Kohl erhoffen - vier Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Dann wird wieder der Kanzler der Einheit im Mittelpunkt stehen. Die Debatte um den Ehrenvorsitz wird die CDU-Spitze nicht aufkochen lassen wollen. Schon jetzt sind die Parallelen, die der politische Gegner zwischen der Bimbes-Tradition Kohls und den Sponsoring-Praktiken der nordrhein-westfälischen Christdemokraten zieht, politisch wenig vorteilhaft.

Gemessen am CDU-Übervater betreibt die Rüttgers-Truppe ihre Geldsammelaktivitäten indes eher verklemmt: Kohl, so berichten seine Biographen Hans-Joachim Noack und Wolfram Bickerich, nahm schon im rheinland-pfälzischen Landtagswahlkampf 1959 bei einer Veranstaltung mit Kanzler Adenauer von den 10.000 Besuchern Eintrittsgeld für die Parteikasse.

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