Helmut Kohl:Letzte Orte

Straßburg und Speyer boten die richtigen Kulissen für würdige Trauerfeiern.

Von Kurt Kister

Richtig und würdig war der Abschied von Helmut Kohl im Straßburger Europa-Parlament. Die Rede von Frankreichs relativ jungem Präsidenten Macron zeigte vielleicht am eindrucksvollsten, wie sich Europa in jenen fast zwei Generationen, die Kohl und Macron trennen, entwickelt hat. Dafür stand und sprach auch Angela Merkel, die Ostdeutsche, die bewegt und bewegend darlegte, was sie als Person und Politikerin Kohl zu verdanken hat. Nein, Merkel ist nicht die beste Rednerin. In jenen seltenen Fällen aber, in denen sie fühlt, was sie spricht, kann sogar sie Herzen öffnen.

Der "deutsche" Teil des Trauertages war wenig politisch. Aber er passte zu Helmut Kohl, den man nicht verstehen kann, wenn man nicht seine persönliche, sehr spezielle Verankerung in Heimat und Geschichte versteht. Kohl war ein Patriot, aber er war beileibe kein Nationalist. Er wusste, wie sehr die deutsche Einheit davon abhing, dass die Nachbarn, die fast alle unter Deutschlands Hybris gerade im Zweiten Weltkrieg gelitten hatten, die neue Republik als vertrauenswürdiges europäisches Kernland verstanden.

Kohl, Katholik mit einem Hang zum Mythos, liebte den Dom zu Speyer auch als ein Symbol, als Kaisergrablege in lange verwehten, vornationalen Zeiten. Kohl war ein Mann des Symbolischen. In diesem Sinne waren Straßburg und Speyer seine Orte. Sie wurden nun auch seine letzten Orte in dieser Welt.

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