Haushalt:Auf Sicht

Die schwarze Null verschwindet im Trüben.

Von Cerstin Gammelin

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will beim Haushalt 2016 auf Sicht fahren. Es ist eine hübsche Umschreibung der Tatsache, dass das Budget für das kommende Jahr, das der Bundestag am Freitag verabschiedet hat, schon überholt sein wird, bevor es in Kraft tritt. Was nicht an Schäuble liegt, sondern daran, dass die Sicht derzeit nicht weit reicht. Und das, was absehbar ist, deutet darauf hin, dass die angestrebte schwarze Null im Haushalt 2016 nur noch eine schöne Hoffnung ist.

Gut möglich, dass Schäuble mit seiner Metapher den durch immer neue Krisenmeldungen verunsicherten Bundesbürgern ein wenig Sicherheit vermitteln will. Seht her, ich vergesse trotz Flüchtlingszustrom, trotz Terror und geplanter Militäreinsätze nicht, was ich versprochen habe. Kurzfristig mag das beruhigen, mittelfristig ist es eher gefährlich. Die Bundesregierung sollte die Wahrheit sagen, auch wenn sie nicht erfreulich ist. Die Ausgaben für Flüchtlinge und für solidarische Hilfen beim Kampf gegen Terroristen werden spürbar steigen. Schon in diesem Jahr sind mehr als eine Million Flüchtlinge angekommen; für 2016 kann niemand die Zahl voraussagen. Sie hängt auch davon ab, ob die Europäer es schaffen, Außengrenzen zu sichern, Flüchtlingslager zu bauen und den Nahen Osten mit zu befrieden. All das kostet Geld, und zwar zusätzlich. Hinzu kommen die Militäreinsätze. Wenn die kalkuliert sind, wird die Sicht auf die schwarze Null endgültig verdeckt sein.

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