Hasskommentare:Es reicht, Facebook

Facebook

Vielen Menschen, die regelmäßig Facebook, Twitter oder Youtube nutzen, dürften Hasskommentare vertraut sein.

(Foto: dpa)

Der Gesetzentwurf von Justizminister Maas gegen Hetze im Netz wird das Problem nicht lösen. Aber er ist besser, als auf eine Reaktion der Internetkonzerne zu warten.

Kommentar von Detlef Esslinger

Frank-Markus Barwasser, dem durch seine Kunstfigur Erwin Pelzig bekannten Kabarettisten, ist neulich der Satz eingefallen: "Denkfaulheit, Rechtschreibschwäche und Internetanschluss, das ist manchmal eine etwas unglückliche Kombination."

Vielen Menschen, die regelmäßig Facebook, Twitter oder Youtube nutzen, dürfte diese Beobachtung sehr vertraut sein. Noch ist nicht entschieden, was die sogenannten "sozialen Medien" letztlich bewirken oder anrichten werden. Ein Fazit aber lässt sich mittlerweile ziehen: Da es sich bei ihnen keineswegs um Medien, sondern um technische Plattformen handelt, war die Hoffnung naiv, sie könnten gesellschaftlichen Diskurs organisieren.

Ebenso naiv war die Annahme, es sei bereits per se wertvoll, dass sich nun jedermann mal schnell an jeder öffentlichen oder halböffentlichen Diskussion beteiligen kann. Diese Erkenntnis leitet Justizminister Heiko Maas (SPD), der nun mit einem Gesetz gegen Facebook und Co. vorgehen will.

Maas glaubt nicht, dass Facebook gegen Hetze machtlos ist

Selbstverständlich ist dies kein Gesetz gegen Denkfaulheit. Auch künftig wird jeder maximales Unwissen mit maximaler Gewissheit kombinieren und dies in irgendwelchen Kommentarspalten verbreiten können. Wohl aber will der Minister die Konzerne zwingen, endlich ernsthaft gegen Beleidigung, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, Bedrohung et cetera vorzugehen. Er glaubt ihnen nicht, dass sie dagegen so macht- und wehrlos sind, wie sie tun. Und selbst wenn es so wäre: ihr Problem.

Mit Kommunikation verhält es sich wie mit jeder WG, wie mit jedem Betrieb, mit jeder Straße - sie braucht Regeln. Im Silicon Valley mag es geniale Programmierer und Ingenieure geben, von Gesellschaft aber verstehen all diese Genies wenig. Sie haben der Welt Plattformen beschert, auf denen es Regeln kaum gibt und auf denen deshalb allzu oft kein Diskurs organisiert, sondern ein verbaler Kampf aller gegen alle ermöglicht wird.

Ein Gesetz wird die Probleme nicht lösen

Ist es ein Zufall, was derzeit gleichzeitig zur zunehmenden Verbalradikalität zu beobachten ist: dass in Dortmund Fußballfanatiker auf einmal meinen, Gäste aus Leipzig verprügeln zu dürfen? Dass in Rheinland-Pfalz das Auto der Ehefrau des AfD-Fraktionschefs als legitimes Angriffsziel gilt? Dass Minister, Bürgermeister und Asylhelfer, überall im Land, mit Buttersäure angegriffen werden?

Selbstverständlich wird ein Gesetz des Ministers Maas die Probleme nicht lösen. Selbstverständlich kann man - wie die Grünen - einwenden, dass es mehr einschlägig qualifizierte Staatsanwälte bräuchte sowie mehr Medienbildung an den Schulen; und eine europäische Regelung ist sowieso immer besser als bloß eine deutsche. Aber soll das ein Argument sein, erst dann etwas zu tun, wenn man sämtliche Maßnahmen und sämtliche Akteure beisammenhat (und am besten sogar Mark Zuckerberg es kapiert)? Der Bundesjustizminister hat einen Anfang gemacht. Das ist allemal besser, als zuzusehen, wie die naiven Jungs aus Kalifornien sich am Gemeinwesen vergehen und es nicht einmal merken.

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