Hartz-IV-Reform:Von der Leyen offen für Änderungen

Nach heftiger Kritik signalisiert Ursula von der Leyen Kompromissbereitschaft bei der Hartz-IV-Reform. Notgedrungen, denn im Bundesrat ist die Regierung auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Die Hartz-IV-Reform wurde am Freitag im Bundestag zwar beschlossen - allerdings gegen entschiedenen Widerstand. Der kommt aus Wohlfahrtsverbänden ebenso wie aus der Opposition. Und noch muss das Gesetz den Bundesrat passieren, wo die schwarz-gelbe Koalition keine Mehrheit hat und auf Stimmen der Grünen oder der SPD angewiesen ist. Beide Parteien machen ihre Zustimmung von Änderungen des Gesetzes abhängig.

Bundestag - von der Leyen

Vor der Verabschiedung der Hartz-IV-Reform wurde am Freitag im Bundestag heftig debattiert. Jetzt lenkt Sozialministerin von der Leyen ein und stellt erstmals Änderungen in Aussicht.

(Foto: dpa)

Erstmals hat Ursula von der Leyen (CDU) nun solche in Aussicht gestellt. Im Interview mir der Madsack-Mediengruppe, zu der unter anderem die Leipziger Volkszeitung gehört, zeigte sich von der Leyen kompromissbereit. "Ich bin bei allem dabei, was dieses Land voranbringt und was sinnvoll ist", sagte die Ministerin. Die Zugeständisse dürften aber nicht utopisch sein - wie die Forderung der Opposition, den gesamten Bildungsföderalismus auf den Kopf zu stellen. "Aber für vernünftige Dinge, die gerade bei dem Bildungspaket auch die richtigen Akzente setzen, bin ich offen", so von der Leyen weiter. Das Entscheidende sei: "Wer verhandeln möchte, muss an den Verhandlungstisch kommen. Die Tür ist offen, seit Wochen."

Zugleich verteidigte die Sozialministerin die Reform. "Ich bin der festen Überzeugung, dass, auch wenn jemand klagen würde, dieses Gesetz verfassungsfest ist", sagte von der Leyen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Änderungen bei den Hartz-IV-Sätzen gefordert hatte, sei "detailliert" durchgearbeitet worden. Die Ministerin verteidigte insbesondere das Bildungspaket für Kinder von Hartz-IV-Empfängern. "Ganz wichtig ist, dass die Kinder in den Vereinen mitmachen und merken, dass sie etwas können und dass es ohne sie nicht geht", sagte von der Leyen. Hier beginne "Herzens- und Charakterbildung".

Von der Leyen räumte ein, dass es bei Ganztagsschulen und dem Ausbau der Kinderbetreuung "riesigen Nachholbedarf" gebe. Das Verfassungsgericht habe aber eine schnelle Lösung für bedürftige Kinder angemahnt. "Wir können nicht die Kinder vertrösten, wenn in fünf, zehn Jahren alles so ist, wie wir uns das wünschen", sagte die Bundessozialministerin. Sie wolle "diesen Kreislauf der vererbten Armut durchbrechen, der ja durch Nichtbildung kommt, vor allen Dingen in den Hartz-IV-Familien".

Leyen kritisiert Versäumnisse der SPD

Die heftige Kritik der SPD an der Hartz-IV-Reform erklärte sich von der Leyen damit, dass die Neuerungen die Sozialdemokraten "am schmerzhaftesten Punkt" träfen. "Sie haben es versäumt, in der Vergangenheit ein solches Bildungspaket für die Kinder auf den Weg zu bringen. Wir tun dies jetzt", fügte von der Leyen hinzu.

Kompromissbereitschaft, wie sie die Sozialministerin von der Opposition fordert, ist jedoch in ihrer eigenen Partei auch keine Selbstverständlichkeit. In einem anderen Interview erteilte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) jeglichen Zugeständnissen eine Absage. Kauder sagte der Bild am Sonntag laut Vorabbericht: "Es gibt hier keine Angebote an die Opposition. Die SPD, die hier am lautesten ruft, sollte sich lieber einmal darum sorgen, wie man Menschen in Arbeit bringt als immer neue Leistungen zu verlangen."

Er sehe "keine Notwendigkeit für einen Kompromiss", so Kauder weiter. Die Koalition habe ein gutes und ausgewogenes Gesetz auf den Weg gebracht: "Wer aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt nicht schultern kann, erhält eine angemessene Leistung. Wir sind aber auch denjenigen verpflichtet, die für diese Leistung aufkommen müssen, nämlich den Steuerzahlern, den vielen Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen."

Am 17. Dezember stimmt der Bundesrat über das Reformgesetz zu Hartz IV ab.

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