Hartz-IV:FDP-Sozialpolitiker grenzt sich von Westerwelle ab

"Ein-Euro-Jobs keine Lösung": Der FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel geht auf Distanz zu den Hartz-IV-Äußerungen seines Chefs Guido Westerwelle.

Felix Berth

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Johannes Vogel, geht auf Distanz zu den Hartz-IV-Äußerungen seines Parteivorsitzenden Guido Westerwelle. "Langzeitarbeitslosigkeit demütigt und isoliert die Menschen", sagte Vogel. "Wenn man diesen Menschen nur Beschäftigungstherapien verordnet, hilft es ihnen nicht."

Westerwelle hatte verlangt, dass "junge Sozialleistungsempfänger zum Schneeräumen auf Bürgersteigen" eingesetzt werden. Vogel hält solche Jobs allenfalls für sinnvoll, um Langzeitarbeitslose wieder an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Dies solle jedoch "in erster Linie diesen Menschen helfen, nicht primär der Gesellschaft, die gerne Gegenleistungen für das Arbeitslosengeld hätte", sagte Vogel der Süddeutschen Zeitung.

Ein Thesenpapier, das Vogel mit FDP-Generalsekretär Christian Lindner sowie den liberalen Sozialpolitikern Heinrich Kolb und Pascal Kober vorgelegt hat, grenzt sich ebenfalls von Westerwelle ab: "Aktuelle Forderungen nach einem gemeinwohlorientierten Arbeitsmarkt sind volkswirtschaftlich schädlich", schreiben die Autoren, ohne Westerwelles Schneeräum-Forderung zu nennen.

Sie verweisen auf einen Bericht des Bundesrechnungshofs, nach dem 80 Prozent der Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze gefährden. Vogel selbst vermied direkte Kritik an Westerwelle, grenzte sich aber von der Forderung ab, "dass Arbeitslose in öffentlichen Parks unentgeltlich Hecken schneiden" sollen. "Die Grundsicherung, die der Staat gewährt, ist ein Grundrecht", sagte Vogel.

Der FDP-Politiker, der auch Vorsitzender der Jungen Liberalen ist, regt an, einen Teil der Hartz-IV-Empfänger weniger stark zu kontrollieren. Erwachsene Arbeitslose müssten "massive Schnüffelei in privatesten Lebensverhältnissen" erdulden. Derzeit kürzen Ämter ihnen den Regelsatz leicht, wenn sie nachweisen können, dass zwei erwachsene Arbeitslose als Paar zusammenleben.

Um solche Bedarfsgemeinschaften zu ermitteln, zählen Kontrolleure der Sozialämter gelegentlich auch Zahnbürsten im Badezimmer der Alg-II-Empfänger. Vogel nimmt an, dass sich manche Paare sogar zwei Wohnungen nehmen, um nicht als Bedarfsgemeinschaft zu gelten. Letztlich müsse das der Staat finanzieren. Solche Fälle könnten nicht durch immer schärfere Kontrollen verhindert werden; stattdessen solle der Staat den Erwachsenen einer Bedarfsgemeinschaft die vollen Regelsätze zahlen, empfiehlt Vogel.

Die von Liberalen immer wieder geforderte Abschaffung der Bundesagentur für Arbeit zählt nicht zu den Anliegen Vogels und seiner Mitstreiter. Stattdessen plädieren sie dafür, "die Fachkompetenz und Motivation der Mitarbeiter in der Arbeitsvermittlung vor Ort" zu fördern. Zu prüfen sei auch, "ob eine bessere Relation zwischen Vermittlern und Kunden erreicht werden muss". Vogel verlangt, die Erfolge der Arbeitsvermittler bei ihren inneren Reformen in den vergangenen Jahren anzuerkennen: "Es hilft nicht weiter, nur grundsätzlich Kritik an der Bundesagentur zu üben."

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