Hartz-IV-Debatte:Sarrazin, der nächste Wellenreiter

Politiker wie Westerwelle und Sarrazin bieten in der Debatte marktschreierische Lösungen an. Damit werden sie dem Problem nicht gerecht.

P. Fahrenholz

Anders als Windsurfer müssen Politiker nicht darauf warten, bis eine günstige Welle kommt. Sie können die Welle selbst erzeugen. Das gelingt nicht immer, weil nicht jede Provokation die erhoffte öffentliche Resonanz findet.

Aber wenn es gelingt, wollen immer möglichst viele mitsurfen. Die aktuelle politische Welle hat FDP-Chef Guido Westerwelle erzeugt, nicht aus Sorge um das Land, sondern aus Sorge um seine Partei, was überhaupt die einzige Sorge zu sein scheint, die Westerwelle nahegeht.

Es ist die Hartz-IV-Welle und die Politiker überbieten sich mit Vorschlägen, um diejenigen zur Räson zu bringen, die das Sozialsystem ausnutzen und missbrauchen.

Mal sollen sie Schnee schippen (Westerwelle), mal in Altenheimen helfen (die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft). Jetzt hat sich auch wieder einer zu Wort gemeldet, der seine Rolle als Provokateur offenbar mit wachsender Selbstverliebtheit spielt.

Thilo Sarrazin will Eltern, deren Kinder die Hausaufgaben nicht gemacht haben, das Kindergeld kürzen.

Marktschreierisch simple Lösungen

Das klingt markig und entschlossen und wird dem ehemaligen Berliner Finanzsenator sicherlich sowohl jede Menge böser Kommentare als auch jede Menge zustimmender Briefe einbringen. Womit sich für Sarrazin die Sache wieder mal gelohnt haben dürfte.

Das Ärgerliche an der schrillen Hartz-IV-Debatte ist, dass Politiker hier marktschreierisch simple Lösungen für ein Problem anbieten, das in Wahrheit äußerst komplex und nur schwer zu bewältigen ist.

Es ist die Frage, was die Gesellschaft tun muss, um die Hartz-IV-Welt aufzubrechen, in der sich ein Teil der Unterschicht dauerhaft eingerichtet hat. Mit Schneeschippen und Hausaufgaben-Kontrolle ist es da nicht getan.

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