Handelskonflikt:Kampf ums Ganze

Handelskonflikt: Als die beiden sich noch verstanden: Fünf Monate nach der öffentlich zelebrierten Einigkeit bei Trumps Besuch bei seinem chinesischen Kollegen XI ist davon nicht mehr viel übrig.

Als die beiden sich noch verstanden: Fünf Monate nach der öffentlich zelebrierten Einigkeit bei Trumps Besuch bei seinem chinesischen Kollegen XI ist davon nicht mehr viel übrig.

(Foto: Nicolas Asfouri/AFP)

Die USA und China ringen nicht nur um den Welthandel, sondern um die Weltordnung. Die Folgen könnten für beide Großmächte drastisch sein, weil Trump ebenso wie Xi nationalistisch denkt und handelt.

Kommentar von Stefan Kornelius

Es entbehrte nicht einer gewissen Symbolik, dass Chinas Eintritt in die sich globalisierende Welt einherging mit einem militärischen Zwischenfall. Es war im Jahr 2001, als China den Armeesportler und Volksliebling Wang Zhizhi in die US-Basketball-Liga NBA wechseln ließ. Das sollte die Offenheit und die Ambitionen des Landes dokumentieren. Just zu diesem Zeitpunkt kam es zu einer Beinah-Kollision zwischen einem amerikanischen Aufklärer und einem chinesischen Jagdflieger. Ein Pilot der Volksarmee ließ sein Leben. Um die Situation zu entspannen, verzichtete der damalige Präsident George W. Bush auf den Verkauf eines Schiffsradars nach Taiwan.

Seitdem sind 17 Jahre vergangen. Geblieben ist die Frage, wie sich der Aufstieg Chinas mit den Ambitionen der USA verträgt, ob die Sache friedlich vonstatten geht, oder ob sich nicht doch das uralte Szenario vom Aufstieg und Niedergang einer Großmacht wiederholt, das stets auch von Gewalt begleitet war.

Theoretiker und Staatskundler haben sich eine Generation lang den Kopf zerbrochen, ob die beste Strategie des Westens im Umgang mit China Eindämmung oder Umarmung sei. Große Werke wurden geschrieben, ob eine autoritär gelenkte Gesellschaft auch eine dynamische Volkswirtschaft sein kann.

Die hyperschallschnelle Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China zeigt, wie theoretisch all diese Diskussionen waren. Nichts wirkt mächtiger als die Realität, und die zeigt gerade, dass zumindest die Vorstellung einer friedlichen Koexistenz zum Nutzen aller eher naiv war. Noch werfen sich Peking und Washington vor allem Drohungen an den Kopf, noch stehen die Strafzölle nicht im Verordnungsblatt. Aber das hier ist kein Duell rhetorischer Revolverhelden. China hat zu Recht erkannt, dass Trump in seinen nationalistischen und isolationistischen Überzeugungen felsenfest ist. Die USA hingegen verkennen, in welche existenziell bedrohliche Situation sie das chinesische System stürzen, wenn sie die Weltmärkte taumeln lassen. Hin zu einer militärischen Eskalation ist es dann nur ein kleiner Schritt, weil ein nicht weniger nationalistisch aufgeladenes China seine Muskeln etwa auf den Handelswegen des Südchinesischen Meeres oder in Taiwan spielen lassen könnte.

Peking und Washington ringen nicht nur um den Welthandel, sondern um die Weltordnung

Zwischen den beiden Mächten zeigt sich eine Rivalität, die lange vorhergesagt war und für die es dennoch keinen Spielplan zu geben scheint. Die Sterne stehen denkbar schlecht: Hier ein US-Präsident, der die Welt in den Mustern der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts sieht, für den es nur Sieg oder Niederlage gibt, der mit Multilateralismus und Globalisierung nichts anfangen kann und dafür von ganz links und ganz rechts jede Menge Beifall erhält; dort ein chinesischer Präsident, der nun quasi lebenslang regieren kann, der China auf einen historischen Platz als Macht in der Mitte führen will, der dafür Netze der Abhängigkeit in aller Welt spannt, und der auch militärisch Stärke zeigt.

China wird zu Recht für seine Marktkontrolle, die Abschottung und den Missbrauch geistigen Eigentums kritisiert. Trumps Angriff zielt aber aufs Grundsätzliche, auf das System des Welthandels und damit auf Chinas neue Stärke. Der Kampf um die Führungsrolle in der Welt hat begonnen.

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