Hamburg:Wenn König Olaf geht

Olaf Scholz

Seit 2011 regiert der Jurist Olaf Scholz seine Heimatstadt Hamburg.

(Foto: dpa)

Hamburgs Erster Bürgermeister Scholz hat längst angedeutet, dass ihm das Amt in der Hansestadt für seine Ambitionen zu klein ist. Jetzt soll er Finanzminister werden. In der Bürgerschaft planen sie bereits ohne ihn.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Am Tag danach war Deutschlands mutmaßlich künftiger Finanzminister wieder Hamburgs Erster Bürgermeister. Olaf Scholz empfing im Rathaus, von dem man behaupten darf, dass es eleganter und historischer ist als das klobige Bundesfinanzministerium, nur nicht ganz so wichtig. Im Kaisersaal sprach der städtische Monarch über die Zukunft der Hansestadt, sie soll ihr höchstes Gebäude bekommen. Der österreichische Milliardär René Benko will in der HafenCity den Elbtower bauen, 235 Meter hoch, entworfen vom britischen Architekten David Chipperfield. Damit werde das Kunstwerk Hamburg bis an die Elbbrücken fortgesetzt, erläuterte Scholz; die Elbphilharmonie ist dank seines Einsatzes ja schon umjubelt in Betrieb.

Doch natürlich wollten die meisten Zuhörer außerdem hören, was der oberste Hamburger von seinem bevorstehenden Umzug nach Berlin hält. Obwohl man sich die Antwort in etwa denken konnte. Olaf Scholz neigt gewöhnlich (Ausnahme G 20) nicht dazu, Dinge bekannt zu geben, die noch ganz anders kommen könnten, wenn es dumm läuft. Stimmt die SPD-Basis in diesen Wochen dagegen, dann gibt es keine große Koalition, sondern Neuwahlen. Dann bleibt der designierte Schatzmeister der Nation daheim auf dem Posten. So lobte Scholz die Ergebnisse der zehrenden Groko-Verhandlungen und berichtete, endlich mal wieder eine Nacht geschlafen zu haben. Zur Frage, wie das Kabinett aussehe, könne man vor der Mitgliederentscheidung keine Auskünfte geben.

Sein wahrscheinlicher Nachfolger gilt ebenfalls als machtbewusst

Doch die bizarre Wartezeit ändert selbstverständlich nichts daran, dass Hamburg darüber nachdenkt, wie es ohne König Olaf weitergehen würde. Seit 2011 regiert der Jurist seine Heimatstadt, er vertrieb damals nach fast einem Jahrzehnt die CDU aus dem Senat. Bis 2019 ist er gewählt, seit dem Verlust seiner absoluten Mehrheit 2015 führt er ein rot-grünes Bündnis. Vermutlich würde Andreas Dressel übernehmen, der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft. Dennoch wäre das für dieses kleine Bundesland mit seinen 1,8 Millionen Bewohnern eine erhebliche Nebenwirkung dieser neuen Groko.

Sehr überraschend käme der Ortswechsel zwar nicht, zumal Scholz' Frau Britta Ernst als Sozialministerin nach Brandenburg gewechselt ist. Das sei "ein total folgerichtiger Schritt", findet Anjes Tjarks, Fraktionschef der Grünen, die als Juniorpartner seinen Alleingang bremsen. "Der Mann ist ein Bundespolitiker mit Hamburger Wurzeln." Scholz war SPD-Generalsekretär und Arbeitsminister, er ist SPD-Vize und war einer der Verhandlungsführer. Seine Expertise und sein Ehrgeiz stehen außer Zweifel, wobei ihn linke Genossen seit seinem Einsatz für Gerhard Schröders Agenda 2010 nicht so sehr mögen.

Zu klein ist ihm Hamburg längst, auch wenn er dem Stadtstaat bis zuletzt Treue gelobte. Erst im März 2017, also ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl, hatte Scholz ein Buch mit dem Titel "Hoffnungsland" veröffentlicht. So was schreibt man eher mit der Aussicht auf die Kanzlerkandidatur denn auf weitere lange Jahre als Bürgermeister, Martin Schulz kam dazwischen. Tjarks lobt trotzdem Scholz' Einsatz für Hamburg, nicht nur beim Länderfinanzausgleich: "Er hat die Stadt sieben Jahre lang geprägt." Der eine oder andere allerdings ist seiner inzwischen auch ein wenig überdrüssig geworden, ein Phänomen wie bei Angela Merkel.

Das Chaos beim G-20-Gipfel hat Scholz geschadet

In der Ära Scholz wurde viel erreicht, zur Modernisierung gehören Bauprogramme, Verkehrsprojekte, Integration von Flüchtlingen und gebührenfreie Kitas. Andererseits litt seit einiger Zeit sein Ruf, da war ein Hang zum Übermut. Das Olympia-Referendum ging verloren und G 20 schief. Das Chaos bei dem Weltgipfel hat ihm geschadet, weil er vorher ein ruhiges Wochenende versprochen hatte und sich nachher nur halbherzig entschuldigte. Die Weltstadtdebatte geht manchem auf die Nerven, doch Hamburgs Dynamik beeindruckt durchaus.

Der vermutliche Nachfolger müsste sich erst profilieren, auch wenn er seit 2011 die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft leitet. Andreas Dressel, 43, gilt ebenfalls als machtbewusst, aber als dialogbereiter und empathiebegabter als Scholz, vielleicht interessiert ihn sogar die Umwelt mehr. Ob er Bürgermeister werden würde, bestätigt der Jurist Dressel nicht. Es gibt Rivalen wie Innensenator Andy Grote, und erst mal muss die Groko abgesegnet werden. Der Grüne Anjes Tjarks glaubt: "Olaf Scholz wird kein schlechter Vizekanzler sein."

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