Hamburg:Technische Universität: Motassadeq unerwünscht

Die Hamburger TU will mit allen Mitteln verhindern, dass sich der kürzlich entlassene Marrokaner wieder immatrikuliert. Über seinen Anwalt hatte der Terrorverdächtige verlauten lassen, er wolle sein Studium fortsetzen.

Nach einem Beschluss des Hochschulpräsidiums sei die Ausbildung des 30-jährigen Marokkaners in einem al-Qaida-Camp nicht vereinbar mit der "friedlichen und friedliebenden Grundüber-zeugung" der TU, sagte Universitätssprecher Rüdiger Bendlin am Donnerstag. Motassadeq stehe nach seiner Freilassung auch weiter unter dringendem Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

Bisher habe sich der ehemalige Student Motassadeq noch nicht um eine Einschreibung bei der Hochschule bemüht. Um seine Prüfungen abzulegen, müsste er nun den Rechtsweg einschlagen, sagte Bendlin. "Wir mussten schon einmal leiden, weil Leute den Ruf dieser Hochschule missbraucht haben", betonte er. An der Universität hatten auch zwei der Attentäter vom 11. September 2001 in den USA, Mohammed Atta und Marwan Alshehhi, sowie der als Terrorhelfer gesuchte Said Bahaji studiert.

Motassadeqs Strafverteidiger Josef Gräßle-Münscher hat für das Verhalten der Hochschule kein Verständnis: Motassadeq fehle zum erfolgreichen Studienabschluss schließlich nur noch die Diplom-Arbeit. Und: "Wer nicht verurteilt ist, muss als unschuldig gelten."

El Motassadeq war am Mittwoch vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg nach 28 Monaten Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt worden. Nach Ansicht des Gerichts besteht gegen ihn kein dringender Tatverdacht wegen Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA mehr. Gleich nach seiner Freilassung hatte der Marokkaner über seinen Anwalt die Fortsetzung seines Studiums der Elektrotechnik an der TU angekündigt.

SPD-Minister Buß: USA schuld an Freilassung

Er wurde vom Oberlandesgericht in einem ersten Prozess vor einem Jahr zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er der Gruppe um Mohammed Atta bei Geldgeschäften geholfen haben soll. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf, im Juni beginnt der zweite Prozess.

Schwierigkeiten erwarten Motassadeq nicht nur an der Hamburger Uni. Innensenator Udo Nagel (parteilos) hat wiederholt gefordert, mutmaßlich gewaltbereite Islamisten müssten auch dann ausgewiesen werden, wenn die Beweise nicht für ihre Verurteilung vor Gericht ausreichen.

Die USA sind nach Ansicht des Innenministers von Schleswig-Holstein, Klaus Buß (SPD), mitverantwortlich für die Freilassung Motassadeqs. Die USA hätten mit der Verweigerung, den Terrorverdächtigen Ramzi Binalshibh nach Deutschland zu überstellen und durch ein Gericht verhören zu lassen, "eine ganz wesentliche Ursache dafür gesetzt", sagte Buß am Donnerstag im Deutschlandfunk.

Den USA müsse die Wichtigkeit von Zeugenvernehmungen im deutschen Rechtssystem deutlich gemacht werden, sagte Buß. Der Minister geht aber auch nach der Freilassung Motassadeqs von einer weiterhin guten Zusammenarbeit deutscher und amerikanischen Behörden aus. "Wir haben ein hohes Interesse daran zusammenzuarbeiten", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz.

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