Hamburg:Stütze im System

Peter Tschentscher

Mit ihm haben die wenigsten gerechnet: Peter Tschentscher.

(Foto: Carsten Rehder/dpa)

Neuer Bürgermeister der Hansestadt ist Peter Tschentscher. Der bisherige Finanzsenator folgt auf Olaf Scholz und hat schon manche Schieflage begradigt.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Olaf Scholz war unpünktlich. Das ist nicht seine Art und deutete darauf hin, dass es Schwierigkeiten gab bei dem Vorhaben, den Finanzsenator Peter Tschentscher zu seinem Nachfolger als Hamburger Bürgermeister zu küren. Nachdem Scholz am Vormittag endlich auch offiziell als neuer Bundesfinanzminister ausgerufen war, wollte der Hamburger SPD-Vorstand am Freitagnachmittag das letzte Gespräch über den neuen ersten Mann im Rathaus an der Alster führen. Für halb sieben hatte Scholz ein Statement angekündigt. Die Uhrzeit sei nicht zu halten, erklärte ein Sprecher. Erst gegen acht bestätigte Scholz endlich das Gerücht, das vorher schon gestreut worden war: Der Landesvorstand wird dem Landesparteitag am 24. März tatsächlich Peter Tschentscher als neuen Hamburger Bürgermeister vorschlagen.

Die Entscheidung war eine Überraschung. Tschentscher war zwar neben Innensenator Andy Grote, Fraktionschef Andreas Dressel und Sozialsenatorin Melanie Leonhard für Scholz immer ein Kandidat. Aber in der Öffentlichkeit ging es bald nur noch um Dressel oder Leonhard. Vor allem um Dressel, 43, der als Konsensbeschaffer seit 2011 die parlamentarische Macht der Sozialdemokraten zusammengehalten hatte. Später hieß es, Dressel habe wegen seines Familienlebens mit drei Kindern abgewinkt. Er soll statt Tschentscher Finanzsenator werden. Und Melanie Leonhard, 40, die die erste Frau im Amt gewesen wäre, war ohnehin zögerlich wegen ihrer Familie mit Mann und Kleinkind, sie soll neue Landespartei-Vorsitzende statt Scholz werden.

Tschentscher also. 52, gebürtiger Bremer, studierter Mediziner. SPD-Mitglied ist er seit 1989. 2008 kam er als Abgeordneter in die Hamburgische Bürgerschaft und diente der SPD-Fraktion als Fachsprecher für Haushaltsfragen. Er bearbeitete vor allem unerfreuliche Themen: die Aufarbeitung des Planungsdesasters um die Elbphilharmonie, die Schieflage der HSH Nordbank. Nach der Bürgerschaftswahl 2011, die Scholz mit absoluter Mehrheit gewann, wurde Tschentscher Finanzsenator. Ruhig und effektiv versah er diesen Job, auch nach der Wahl 2015 in der Koalition mit den Grünen. Er war eine wichtige Stütze im System Scholz, das auf Haushaltsdisziplin setzte, aber auch bei Investitionen nicht knausern wollte. In der Partei schätzt man ihn sehr, zu ihren schillernden Größen zählt er allerdings nicht.

Tschentscher wird den Scholz-Kurs des ordentlichen Regierens weiterführen, der die Hansestadt seit 2011 in einen Zustand des Aufbruchs versetzt hat. Unter Scholz verschwanden die Studiengebühren, die Kitas wurden weitgehend kostenfrei, der Wohnungsbau nahm Fahrt auf, die Elbphilharmonie wurde fertig. Aber Scholz hinterlässt auch Probleme. Nach einer Umfrage der Wochenzeitung Zeit ist die Hamburg-SPD auf 28 Prozent Zustimmung gefallen. Die Wahl 2015 hatte sie mit 45,6 Prozent gewonnen. Scholz hat Vertrauen verspielt, vor allem weil er den G20-Gipfel 2017 nach Hamburg brachte, ohne die Risiken richtig einzuschätzen. Das macht Tschentschers neue Aufgabe nicht leichter.

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