Hamas versus Fatah:Geld für Abbas Notstandsregierung

EU will die Fatah von Palästinenserpräsident Abbas im Kampf gegen die radikale Hamas stärken. Auch Israel stellt 600 Millionen Dollar in Aussicht.

Thorsten Schmitz, Tel Aviv

Die Europäische Union will nach dem Putsch der Hamas im Gaza-Streifen die neue Palästinenserregierung im Westjordanland durch die Wiederaufnahme der direkten Finanzhilfen unterstützen. Der Außenbeauftragte der EU, Javier Solana, kündigte am Montag in Luxemburg an, die EU werde "direkte finanzielle Kontakte" mit der Notstandsregierung in Ramallah unter Führung von Salam Fajad haben. Fajad war am Sonntag von Palästinenserpräsident Machmud Abbas in seinem Amt vereidigt worden, vorübergehend wird er auch das Finanz- und Außenministerium führen.

Der neue Informationsminister Rijad el Malki sagte auf der ersten Sitzung des Notstandskabinetts, die neue Regierung werde die Sicherheit in den Palästinensergebieten wiederherstellen. Zudem wolle sie die Einheit zwischen dem zur Zeit ausschließlich von der Hamas beherrschten und dem nur von der Fatah regierten Westjordanland stärken. Die Hamas hatte letzte Woche innerhalb von fünf Tagen die Macht im Gaza-Streifen an sich gerissen und herrscht seitdem über die dort lebenden rund 1,5 Millionen Palästinenser. Die von der Fatah dominierte Führung der Sicherheitskräfte im Gaza-Streifen hatte sich ergeben oder war vor der Hamas geflüchtet.

Nach Angaben von des EU-Außenbeauftragten Solana soll die Wiederaufnahme der Direkthilfen an die neue Palästinenserregierung sicherstellen, dass Fajad einen Haushalt aufstellen könne. Der Haushalt solle "den Menschen im Gaza-Streifen und im Westjordanland zugute kommen". Die EU hatte den Palästinensern seit 15 Monaten Hilfsgelder nur unter Umgehung der Regierung, die damals von der Hamas gestellt wurde, überwiesen. Auch gegen die im Frühjahr dieses Jahres gebildete Koalitionsregierung aus Hamas und Fatah wurde der Finanzboykott aufrechterhalten.

Israel will humanitäre Krise verhindern

Die neue Regierung von Übergangspremier Fajad kontrolliert derzeit nur das Westjordanland. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief Israel zur Zusammenarbeit mit dem palästinensischen Notstandskabinett auf und übte zugleich Kritik an der Hamas: "Wir haben in den letzten Tagen eine Zuspitzung erlebt, ein Drehen der Gewaltspirale, die ganz eindeutig in die Verantwortung der Hamas-Milizen geht."

Israel hat am Montag den Güter-Transport von israelischen Häfen in den Gaza-Streifen gestoppt. Die Zollbehörde teilte mit, sie werde bis auf weiteres keine Güter freigeben, da sämtliche Grenzübergänge am Gaza-Streifen gesperrt sind. Eine humanitäre Krise wolle Israel aber verhindern, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Mark Regev. Es solle gewährleistet werden, dass die Bevölkerung weiterhin mit Nahrungsmitteln, Strom, Medikamenten und Wasser versorgt werde. Treibstoff-Lieferungen in den Gaza-Streifen wurden nach einem kurzfristigen Stopp am Montag wieder aufgenommen.

Israels Premier Ehud Olmert, der an diesem Dienstag in Washington mit US-Präsident George W. Bush zusammentreffen wird, und Außenministerin Tzipi Livni, die am Montag in Luxemburg eintraf, stellten die Freigabe der von Israel einbehaltenen Steuerrückzahlungen an die Palästinenser in Aussicht. Israel werde die rund 600 Millionen US-Dollar an eine "ernsthafte und verantwortungsbewusste Regierung" überweisen, sagte Olmert in New York.

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