Haftlockerung für Schwerverbrecher:Kritiker melden Sicherheitsbedenken an

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"Strafe muss Strafe bleiben": Gegen die Pläne, Schwerverbrechern einen früheren Hafturlaub zu ermöglichen, regt sich Widerstand. Aus mehreren Bundesländern - und auch von Seiten der Polizei - werden Sicherheitsbedenken laut. Und Bayern will ohnehin hart bleiben.

Die Pläne einiger Bundesländer für einen früheren Hafturlaub für verurteilte Schwerverbrecher stoßen auf Widerstand. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) lehnte den Vorstoß ebenso ab wie mehrere Unionspolitiker und Vertreter der Polizei. Sellering sagte der Bild-Zeitung: "Bei schwersten Straftätern steht die Sicherheit an erste Stelle. Es gibt keinen Grund, an den bisherigen Regeln zu rütteln."

Hafturlaub schon nach fünf Jahren? Von mehreren Seiten regt sich Widerstand gegen die Pläne einiger Bundesländer. (Foto: dpa)

In Mecklenburg-Vorpommern werde es mit ihm keinen Freigang für lebenslänglich Verurteilte schon nach fünf Jahren geben, sagte Sellering. Bisher ist dies erst nach zehn Jahren möglich. Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sagte dem Blatt: "Aus meiner Sicht gibt es keinerlei Änderungsbedarf." Auch Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg wollen dem Bericht zufolge bei der Zehnjahresfrist bleiben.

Jörg-Uwe Hahn (FDP), Hessens Vize-Ministerpräsident und derzeit Vorsitzender der Justizministerkonferenz, sagte der Zeitung: "Strafe muss Strafe bleiben. Diese hat auch den Zweck der Sühne und des Schutzes der Allgemeinheit. In Hessen gewähren wir deshalb solche Maßnahmen frühestens nach zehn Jahren." "Das kommt für Bayern überhaupt nicht infrage", sagte auch die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU). Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sähe bei einem solchen Schritt die Sicherheit der Bevölkerung gefährdet. "Das ist ein hochgefährliches und absurdes Vorhaben, das mit einem ordentlichen Rechtsstaat nicht vereinbar ist", sagte er der Passauer Neuen Presse.

Auch CSU-Rechtsexperte Stephan Mayer forderte, der Bund müsse den Ländern in dieser Frage einen Riegel vorschieben. CDU-Innenexperte Armin Laschet nannte das Vorhaben ein nicht hinzunehmendes Sicherheitsrisiko. "Die Pläne machen auf mich den Eindruck, als gehe es nur darum, Kosten zu sparen", kritisierte der CDU-Landtagsfraktionsvize in Nordrhein-Westfalen den Ruhr Nachrichten. Wer zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden sei, habe schwere Straftaten wie Mord begangen. "Wenn man hier nach fünf Jahren bereits Hafturlaub gewährt, wird die Fluchtgefahr erhöht", sagte Laschet. "Für die Opfer und ihre Angehörigen wäre dies unerträglich."

Auch aus der Polizei wird Widerstand laut. Als "völlig falschen Weg" wies der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, den Vorstoß erneut zurück. "Wenn man Mörder und Schwerverbrecher in der Haft besser auf das Leben in Freiheit vorbereiten will, muss man die Bedingungen in unseren Haftanstalten verbessern. Dazu benötigt man mehr Personal in den Gefängnissen und mehr Therapeuten", sagte er der Schwäbischen Zeitung. Es bestehe bereits ein hohes Risiko, wenn Schwerverbrecher nach zehn Jahren Hafturlaub erhalten.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßte das Vorhaben dagegen. Der Vorsitzende des DAV-Strafrechtsausschusses, Stefan König, nannte die Pläne "absolut sinnvoll". Selbstverständlich müsse in jedem Einzelfall gewährleistet sein, dass von den Strafgefangenen keine Gefahr ausgehe, sagte er der Berliner Zeitung. König verwies darauf, dass es sich gerade bei Mord in vielen Fällen um eine Beziehungstat handle - zum Beispiel um die Tötung des Ehepartners. Das Rückfallrisiko und damit die Gefährdung der Öffentlichkeit sei dann als sehr gering zu bewerten.

Brandenburg und einige andere Länder wollen verurteilten Schwerverbrechern bereits nach fünf Jahren Hafturlaub ermöglichen. Bisher ist der erste Hafturlaub nach zehn Jahren möglich.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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