Hacker:Offene Geheimnisse

Die erneuten Angriffe auf Server des Bundestags sind ernst zu nehmen.

Von Nicolas Richter

Als der Bundestag im vergangenen Jahr zum Ziel eines Hackerangriffs wurde, konnte man den Fall noch mit einer gewissen Gelassenheit betrachten. Allein schon deswegen, weil im Bundestag ja ohnehin nie viel geheim bleibt. Aber der jüngste Angriff im August zeigt, dass die Sache doch ernst zu nehmen ist.

In der Zwischenzeit nämlich hat sich herausgestellt, dass Hacker (und die Regierungen, die sie zuweilen beauftragen) ihre erbeuteten Geheimnisse nicht mehr bloß für sich behalten, sondern gezielt benutzen, um Regierungen oder Politiker anderer Länder bloßzustellen. Besonders Russland gerät in letzter Zeit immer wieder unter Verdacht, dass es den Westen mit dessen eigenen Peinlichkeiten blamiert. Erst sollen Moskauer Agenten das Telefonat einer US-Diplomatin durchgestochen haben, in dem sie über Europa schimpfte. Im Sommer gerieten die ebenfalls nicht vornehmen E-Mails der US-Demokraten an die Öffentlichkeit. Als Nächstes, fürchtet man in Berlin, könnten nun Bundespolitiker an der Reihe sein.

Noch ist nicht bewiesen, dass russische Agenten oder Hacker mit all diesen Attacken zu tun hatten. Plausibel aber ist zumindest, dass der gezielte Geheimnisverrat zur Spionagetaktik für das Digitalzeitalter wird. Meist wird man den gehackten Partei-Mails nur Bürogeschwätz entnehmen. Findet sich aber einmal ein echter Skandal, kann dies im Extremfall auch eine Wahl entscheiden.

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