Guttenbergs Selbstinszenierung:Auf Wiedersehen

Selbst mit Torte im Gesicht sieht er noch gut aus: Selten hat ein Politiker so einprägsame Fotos hinterlassen wie Karl-Theodor zu Guttenberg. Ein Jahr nach dem Rücktritt erzählt ein Fotograf, wie es zu den berühmten "Schnappschüssen" kam - im Flugzeug, im Staub von Afghanistan. Zeit zu spekulieren, wie sich Guttenberg künftig inszenieren könnte.

Nakissa Salavati

Vor dunklem Hintergrund, die Stirn in Falten gelegt, trat Karl-Theodor zu Guttenberg zum letzten Mal als Minister auf. Die Kulisse für den Rücktritt im Verteidigungsministerium blieb zurückhaltend, alle Aufmerksamkeit galt der Hauptperson. Am 1. März 2011 trat Guttenberg von der Bühne ab, auf der er sich lange so sicher bewegt hatte. Geblieben sind zahlreiche Bilder, die von seiner steilen und kurzen Karriere erzählen.

Guttenberg zu Kurzbesuch in Afghanistan

Wirkt inszeniert, ist aber spontan entstanden: Das Foto zeigt Guttenberg 2009 im Flieger bei einem Truppenbesuch in Afghanistan. Der damalige Verteidigungsminister verstand sich ausgezeichnet auf positive Selbstdarstellung.

(Foto: dpa)

Guttenberg, wie er die Hände nonchalant auf die Hüfte stützt und lächelnd zwischen Soldaten im Flieger steht. Sogar das Gegenlicht fällt passend ein und betont die selbstbewusste Haltung des damaligen Verteidigungsministers. Oder damals, 2010, als Guttenberg mit der Bundeswehr durch den staubigen Norden Afghanistans stapfte, die Hand hebend und die Richtung weisend. Dorthin, wo das nächste Abenteuer wartet.

Es sind Fotos, die inszeniert wirken, wie von langer Hand geplant. Wer mit Fotografen spricht, die Guttenberg damals begleitet haben, erfährt das Gegenteil: Bei vielen Bildern habe es sich um Schnappschüsse gehandelt. Dass Guttenberg auf ihnen trotzdem immer aussieht, als sei er sich seiner Pose bewusst, zeigt, wie er es verstand, das eigene Bild zu prägen. Viel Phantasie braucht es nicht, um sich vorzustellen, dass Guttenberg, irgendwann zurück auf der politischen Bühne, diese Strategie der Selbstinszenierung fortsetzen wird.

"Wenn es Ihrem Verteidigungsminister gefällt, Bilder zu inszenieren, müssen Sie über ihren Minister nachdenken und urteilen, nicht über das Bild", kommentierte Oliviero Toscani 2010 in einem Interview mit Süddeutsche.de. Der italienische Fotograf ist vor allem durch skandalträchtige Werbefotografie bekannt geworden. Mit seiner Einschätzung lag er nicht ganz falsch: "Wenn er zu der Art Politiker gehört, die inszenierte Bilder lieben, heißt das vielleicht, dass er nicht so gern die Wahrheit sagt".

Agenturfotograf Hermann Bredehorst ist einer von vielen, die Guttenberg von Beginn seiner Karriere als Bundesminister bis hin zu seinem Rücktritt abgelichtet haben. Bredehorsts Guttenberg-Fotos entstanden spontan: "Als wir am Flughafen in Baden-Baden standen, rannte Guttenberg zu seinem Flieger. Es gab für ihn keinen Grund zur Eile. So entstehen Schnappschüsse, die besonders schön werden." Das Ergebnis: Ein lachender, joggender, sehr dynamischer Guttenberg. Die FAZ wählte das Foto als Titelbild. Die taz machte es sich später anlässlich des Rücktritts zunutze und titelte: "Guttenberg schneller als Gaddafi".

Der Fotograf hatte seinen Anteil an der Wirkung des Bildes, Zeitungen und Online-Dienste platzierten es an prominenter Stelle. Doch es war Guttenberg, der durch den Staub lief, der das Tempo vorgab - und es war ein rasantes. Selbst als Guttenberg Anfang Februar das Opfer einer Torten-Attacke von Netzaktivisten wurde, machte er das (optisch) beste aus seiner Situation - und lächelte. Der Screenshot des Youtube-Videos mit dem verschmierten Ex-Minister schaffte es in viele Medien (und war auch auf Süddeutsche.de zu sehen).

Mit neuer Frisur und ohne Brille tastet er sich neuerdings wieder an die Öffentlichkeit heran. Konsequenterweise nutzt Guttenberg Äußerlichkeiten, um sich politisch zu erneuern. Das zeigen die Bilder von November 2011 bei der Sicherheitskonferenz in Halifax, an der er als Experte teilnahm. Das zeigt sein Interview-Buch, auf dessen Titel er seriöse Ernsthaftigkeit demonstriert. All dies scheint wie eine Rückkehr auf Raten und die Wiederholung eines Stücks, in dem altbekannte Haupt- und Nebendarsteller ihre Rollen einnehmen.

Noch ist sein Comeback nicht abgeschlossen. Noch ist Zeit, zu spekulieren. Wie sehen die "Schnappschüsse" der Zukunft aus? Zum Beispiel so: Legeres Hemd, lockerer Handschlag und viel Optimismus. Guttenberg kandidiert zwar nicht, peppt aber eine CSU-Wahlkampfveranstaltung in der oberfränkischen Heimat auf. Er strahlt noch stärker als das weiß-blaue CSU-Banner im Hintergrund. Der Vorsitzende Horst Seehofer klopft ihm väterlich auf die Schulter. Vorerst muss Guttenberg die Bühne mit ihm teilen.

Oder so: Günther Jauch wirkt neben seinem Gesprächspartner Guttenberg etwas steif. Er hat ihn in seine Talkshow eingeladen, um über außenpolitische Themen zu sprechen, Afghanistan, Europa, USA. Guttenberg betont die Volksnähe des Fernsehens und lehnt sich in seinem Stuhl lässig nach hinten.

Oder vielleicht so: Guttenberg am DJ-Pult. Das ehedem schwarze T-Shirt (Aufschrift "KT - Krisenbewältiger") hat er gegen ein aufgeknöpftes Holzfällerhemd eingetauscht - das trägt man jetzt so, als erdverbundener, junggebliebener Familienvater. Auf dem Plattenspieler dreht sich nicht mehr AC/DC, denn die sind selbst Konservativen zu alt geworden. Sondern Adele, die ganz ohne Gitarren Konsensmusik macht. Und um Mitternacht, wenn die Partygäste von der Jungen Union ausgelassen feiern, setzt Guttenberg ganz selbstironisch eine weiß-blaue Ray-Ban-Sonnenbrille auf.

Vielleicht kommt auch alles ganz anders. Klar aber scheint, dass Guttenberg wieder auftaucht. Vielleicht sind die Medien dann besser auf ihn vorbereitet - und ordnen die Selbstinszenierung entsprechend ein.

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