Guttenbergs kontroverses Interview-Buch:Andere Ansichten

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Im Guttenberg-Buch bleiben viele Behauptungen strittig. Manche Passagen lesen sich wie eine Abrechnung mit Parteikollegen, an anderer Stelle versucht der CSU-Politiker, Missverständnisse geradezurücken. Doch der Streit war programmiert.

Nico Fried und Tanjev Schultz

Am 17. Februar 2011 fuhr Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ins Kanzleramt, um mit Angela Merkel über die Vorwürfe wegen seiner Doktorarbeit zu sprechen. Das Treffen blieb vertraulich. Im Interview-Buch mit Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo bricht Guttenberg nun diese Vertraulichkeit: Auf Seite 38 behauptet er, Merkel seinen Rücktritt angeboten zu haben. Die Kanzlerin habe dies "mit sehr klaren Worten abgelehnt". Merkel schweigt dazu.

Ob Guttenberg seinen Rücktritt anbot, bleibt somit unklar. Dass Merkel ihn vorerst im Amt halten wollte, ist gleichwohl plausibel, immerhin stützte sie ihn vier Tage später auch öffentlich.

Seine Unions-Kollegen Annette Schavan und Norbert Lammert hat Guttenberg in schlechter Erinnerung. Schavan hatte damals der SZ gesagt, sie schäme sich "nicht nur heimlich" für das Vorgehen Guttenbergs. In der damaligen Situation, so Guttenberg, wäre es für ihn "eine Frage des Anstands gewesen, den anderen vorab darüber zu informieren, dass eine solche Äußerung kommt".

"Sargnagel der Demokratie"

Lammert wurde seinerzeit zitiert, die Affäre um Guttenberg sei ein "Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie". Den Satz des Bundestagspräsidenten bezeichnet Gutenberg im Buch empört als "wirklich unglaublich". Sowohl an ihm wie seinem Interviewer ist offenkundig vorbeigegangen, dass Lammerts Äußerung sich nach Angaben mehrerer Zeugen der fraglichen Veranstaltung nicht auf Guttenberg bezog, sondern auf die Telefon-Abstimmung einer Boulevardzeitung zu der Frage, ob der Minister zurücktreten solle. Solche Plebiszite seien ein Sargnagel für das Vertrauen in die Demokratie, sagte Lammert.

Vorwürfe erhebt Guttenberg gegen die Uni Bayreuth und deren Untersuchungskommission. Deren Urteil, er habe getäuscht, sei von Anfang an angestrebt worden. Außerdem habe in der Kommission nur ein Jurist gesessen. Uni-Präsident Rüdiger Bormann sagt dazu, die Angriffe seien "nicht gerechtfertigt". Der Uni-Kommission hätten drei Juristen angehört, unter ihnen der renommierte Experte für Wissenschaftsrecht, Wolfgang Löwer.

Die Kritik des Staatsrechtlers Oliver Lepsius, der ihn einen Betrüger genannt hatte, bringt Guttenberg zweimal mit dem Vorwurf in Verbindung, Lepsius wolle Verfassungsrichter werden und sich die Unterstützung "einer politischen Seite" sichern. Lepsius sagt, solche Äußerungen zeigten, dass der CSU-Politiker in seinem Denken offensichtlich von derartigen Machtüberlegungen gelenkt werde.

© SZ vom 30.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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