Gut so, schlecht so (3):Merkel sucht den Schmetterling

Prominente sollen Angela Merkel helfen - doch statt Beckenbauer hat sie Sascha Hehn. Die Kolumne zum Medienwahlkampf.

Hans-Jürgen Jakobs

Wenn ein Werber auf immer Nummer sicher gehen will, spannt er einfach schnelle Pferde vor die Kutsche. Alles ganz logisch: Er engagiert Prominente, die sympathisch sind und sein Produkt loben. Das Ganze heißt dann "Testimonial".

Gut so, schlecht so (3): Angela Merkel braucht ein paar prominente Mitverkäufer ihres Produkts Politik.

Angela Merkel braucht ein paar prominente Mitverkäufer ihres Produkts Politik.

(Foto: Foto: dpa)

Unvergessen, wie einst Franz Beckenbauer in den sechziger Jahren die Suppe von Knorr auslöffelte - was ihm so viel Trainingserfolg einbrachte, dass er danach für Telefonfirmen, Sportausrüster, Autokonzerne oder Finanzdienstleister aktiv werden konnte und zurecht als Reklamekaiser der Nation gilt.

Was zählt, ist ein "Imagetransfer": Dank eines vorgeblichen Vollweibs wie Veronica Ferres, eines Dampfplauderers wie Johannes B. Kerner oder eines Star-Darstellers wie Til Schweiger lassen sich in Deutschland Mineralwassersorten, Geflügelwurst oder elektronische Brusthaarentferner gut verkaufen.

Auch Angela Merkel braucht ein paar prominente Mitverkäufer ihres Produkts Politik, das so schwer beschreiben ist in diesem "Superwahlkampf" und das vor allem von einem lebt: von der Bundeskanzlerin selbst. Ihr Produkt Politik ist das Produkt Merkel.

Also bittet derzeit auf allen Kanälen ein "Team Deutschland" um Unterstützung für die Kanzlerin. Das ist schon deshalb lustig, weil ein Satireangebot des NDR auch so heißt, weshalb womöglich die Merkelianer ihre Initiative pfiffigerweise teAM Deutschland schreiben.

AM für Angela Merkel, das deutet klar auf Regierungschefin. Bei ihrem Kontrahenten müsste es bekanntlich FWS lauten für Frank-Walter Steinmeier, aber er firmiert jetzt ja unter Genossen als "der Frank" und im Netz tatsächlich als "FW" - wahrscheinlich klänge FWS bei weitem nicht so erleuchtet wie zum Beispiel FJS für den großen Strauß selig.

Irgendwie bemerkenswert ist es schon, dass sich im Internet ein paar bekannte Vertreter der bunten Republik Deutschland in der "Beta-Version" dieser AM-Kampagne als Trommler für Merkel geben: Da ist zum Beispiel der Musikmanager Thomas Stein, der mal bei "Deutschland sucht den Superstar" mitmachen und als "Onkel Stein" berühmt werden durfte; oder der Aktionskünstler HA Schult mit seinen wilden Ideen; oder der Fußballtrainer Peter Neururer, der sich schon bei so vielen Klubs ausprobiert hat; oder schließlich Sascha Hehn, der ewig junge Weißkittel aus der "Schwarzwaldklinik" der achtziger Jahre, dem Fernsehmonument der Helmut-Kohl-Ära.

Der Schauspieler sagt den Satz der Sätze: "Angela Merkel ist eine Kanzlerin mit Visionen." Schon 9105 Bürger machen - Stand: Sonntag, sieben Uhr - bei Team Deutschland mit und teilen diese Vision.

Die Aktion der Fürsprecher ist sichtbar angelehnt an "Du bist Deutschland", einer Bekenntnisreihe bekannter und unbekannter Bürger vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land, die sich inzwischen für Kinder einsetzt. Wird sich das AM-Grüppchen zur Massenbewegung ausweiten, wenn erst einmal Angela, die Weltmeisterin der Herzen, ihre großen Solo-Abfragerunden bei RTL mit Peter Kloeppel und in der ARD bei Sandra Maischberger hinter sich hat?

Während sich Team Deutschland in der Beta-Version warm läuft, sieht es auf dem Prominenten-Bänkchen der SPD mau aus. Die Partei hat eine Community - meineSPD.net -, in der sich auch viele Unterstützer Steinmeiers motivieren für den großen Wahlkampf, doch von einer Galionsfigur ist weit und breit nichts zu sehen.

Am gewichtigsten ist noch, dass Altkanzler Gerhard Schröder sein Kommen im Superwahljahr zugesagt hat. Wenn es die Geschäfte erlauben, will der Neu-Villenbesitzer seinem Zögling Steinmeier, der ihm als eine Art Hausmeier erst die niedersächsische Staatskanzlei und dann das Bundeskanzleramt versorgt hat, nach ganz oben helfen. Das birgt freilich die Gefahr, dass der Marktplatz-Virtuose Schröder mit seinen markigen Reden und kämpferischen Gesten manche Unzulänglichkeiten des aktuellen Kandidaten aufdeckt.

Ansonsten ist da, wie immer seit Jahrzehnten, die schreibende Wahlkampflokomotive Günter Grass, dem es in der "Es-Pe-De" immer gelungen ist, einige interessante Vertreter des künstlerischen Lebens für die Sozialdemokraten zu mobilisieren. Der Nobelpreisträger hat sein Mitwirken schon angekündigt und sogar nicht ausgeschlossen, dass er wieder in die SPD eintreten könnte. 1965 schrieb er visionär in seinem Gedicht "Gesamtdeutscher März": "Bald wird das Frühjahr, dann der Sommer mit all den Krisen pleite sein - glaubt dem Kalender, im September beginnt der Herbst, das Stimmenzählen, ich rat euch, Es-Pe-De zu wählen."

Als Höhepunkt der Prominentenwerbung à la SPD gilt, dass der langjährige Plakatkünstler Klaus Staeck eingreift oder aus der Gilde der Schriftsteller der ein oder andere - zum Beispiel Juli Zeh - mitwirkt.

Als Lichtgestalt überfordert

Man muss auf jeden Fall aufpassen, wer für einen werben soll - denn nichts ist schlimmer als ein "negativer Imagetransfer" oder ein Helfer, der nicht hilft. Unter den Prominenten, die die Partei in Kürze als Delegierte in die Wahl des Bundespräsidenten schickt, findet sich beispielsweise ein unzuverlässiger Kantonist wie der Handballtrainer Heiner Brand, der schon mal durchblicken ließ, unter Umständen die SPD-Kandidatin Gesine Schwan überhaupt nicht zu wählen.

Hier muss also noch nachgearbeitet werden. Auch der Kanzlerin fehlt, ehrlich gesagt, noch ein Franz Beckenbauer, der die Imagewerte so richtig in die Höhe bringen kann. Sascha Hehn ist in der Rolle als Lichtgestalt doch erkennbar überfordert.

Richtig geeignet hierfür wäre zweifelsohne ein Mann, der seit Jahren in Umfragen als der am besten geeignete Bundespräsident genannt wird und der regelmäßig einige Deutsche reicher, ja sogar zu Millionären macht: Günther Jauch, das Orakel von Potsdam.

Der RTL-Moderator hat sich vor einigen Wochen bereits in Berlin für die Initiative "Pro Reli" engagiert. Dass die Kämpfer für einen Religionsunterricht in der gottlosen Hauptstadt scheiterten, sollte AM und ihr Team Deutschland nicht weiter stören. In Deutschland ist der ausgewiesene Wertkonservative Jauch eine Autorität. Er ist beispielsweise neben Yvonne Catterfeld, Sarah Connor und den vielen anderen bei "Du bist Deutschland" aufgetreten, dem Vorbild von "Team Deutschland".

Falls Günther Jauch doch absagt, wird sich Angela Merkel eben mit dem legendären Anfang des legendären Manifests für "Du bist Deutschland" begnügen müssen: "Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen."

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