Guantanamo:Obamas großer Fehler

Guantanamo will US-Präsident Obama schließen - doch die Sondertribunale zur Aburteilung der Terrorverdächtigen will er wiederbeleben. Damit diskreditiert er sich und Amerika.

R. Klüver

Bisher hat Barack Obama das meiste richtig gemacht im Umgang mit der giftigsten Altlast seines Vorgängers: dem Gefangenenlager in Guantanamo und der Folter von Terrorverdächtigen. Er hat die Schließung des Internierungscamps angeordnet. Er hat die regierungsamtliche Billigung unmenschlicher Praktiken in den Verliesen der CIA annulliert. Er hat öffentlich erklärt, dass Folter Amerika mehr geschadet als genutzt hat. Nun aber steht er vor einem großen Fehler: Seine Administration erwägt offenbar ernsthaft, die von George W. Bush eingesetzten Sondertribunale zur Aburteilung der Terrorverdächtigen wiederzubeleben.

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(Foto: Foto: ddp)

Gewiss haben Obamas Leute sich das anders vorgestellt. Doch die Realitäten haben sie eingeholt. Was sollen sie mit den Leuten tun, die nach menschlichem Ermessen tatsächlich schreckliche Verbrecher sind, deren Geständnisse aber in brutalen Verhören erpresst wurden? Vor keinem ordentlichen Gericht würden diese Aussagen Bestand haben. Mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von 9/11 und anderer grausamer Verbrechen also laufen lassen? Das kann auch nicht die Alternative sein. Also erwägt Obama die Beibehaltung der Sondertribunale mit ein paar mehr Rechten für die Angeklagten. Sozusagen Bush light.

Damit diskreditiert Obama sich und Amerika. Besser wäre es, er brächte den politischen Mut auf und würde eine Strafverfolgung vor ordentlichen Gerichten anstreben. Das wird juristisch hochkompliziert werden, in Fällen wohl nicht möglich sein. Doch um diesen Reinigungsprozess kommt das Land nicht herum. Sonst wird das Gift der Bush-Ära noch auf Jahre fortwirken und Amerikas Ansehen weiter mindern.

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