Guantanamo-Häftlinge in der EU:Streit um Ex-Gefangene

Trotz Uneinigkeit über die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen wollen die Innenminister der 27 EU-Staaten in der Debatte an einer gemeinsamen Position arbeiten. Viele sehen ein großes Risiko.

In der EU droht Streit über die Aufnahme ehemaliger Guantanamo-Häftlinge. Die österreichische Innenministerin Maria Fekter zeigte sich am Montag beunruhigt über die Ankündigungen Spaniens, Portugals und Frankreichs, Insassen des US-Gefangenenlagers Asyl zu gewähren. "Ich kann mir eine Reisefreiheit dieser Personen im Schengen-Raum nicht vorstellen", sagte Fekter bei einem EU-Innenministertreffen in Luxemburg.

Guantanamo-Häftlinge in der EU: Vor dem Weißen Haus in Washington gab es immer wieder Demonstrationen gegen das Gefangenenlager Guantanamo.

Vor dem Weißen Haus in Washington gab es immer wieder Demonstrationen gegen das Gefangenenlager Guantanamo.

(Foto: Foto: AP)

Innerhalb des Schengen-Raums, dem mittlerweile fast alle EU-Staaten angehören, wurden die Grenzkontrollen weitgehend abgeschafft. Ein etwa in Frankreich lebender Ex-Gefangener könnte deshalb ungehindert quer durch Europa reisen. Die Entscheidungen einzelner EU-Staaten, Guantanamo-Insassen aufzunehmen, könne deshalb Folgen für ganz Europa haben, betonte auch der tschechische Innenminister Ivan Langer.

Seine Regierung, die gegenwärtig die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, strebt deshalb einen Informationsaustausch über alle Guantanamo-Insassen an, die Zuflucht in Europa finden.

US-Präsident Barack Obama hatte die Europäer am Freitag offiziell gebeten, Guantanamo-Insassen aufzunehmen. Um das Lager schließen zu können, brauche er Hilfe von den Verbündeten, sagte Obama nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy.

Frankreich hat sich bereit erklärt, einem algerischen Guantanamo-Insassen Asyl zu gewähren. Sarkozy sagte bei dem Treffen mit Obama, die Aufnahme ehemaliger Gefangener aus dem umstrittenen Lager sei nur konsequent: "Wir können die Vereinigten Staaten nicht erst wegen dieses Lagers verurteilen und sie dann im Stich lassen, wenn sie es schließen." Nach Angaben von EU-Justizkommissar Jacques Barrot hat die US-Regierung mittlerweile aber auch klargestellt, dass ein Teil der mittlerweile als ungefährlich eingestuften Guantanamo-Insassen in den Vereinigten Staaten bleiben könnten.

"Die USA sind bereit, einige der ehemaligen Gefangenen auf ihrem eigenen Territorium zu beherbergen", sagte Barrot. Das US-Verteidigungsministerium hat insgesamt rund 60 Gefangene identifiziert, die Guantanamo theoretisch schon jetzt verlassen könnten, aber nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Allerdings hält das Pentagon bei einigen von ihnen weiter eine Überwachung für erforderlich.

Die Bundesregierung hat über eine Aufnahme ehemaliger Guantanamo-Insassen noch nicht entschieden. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg bekräftigte am Montag in Berlin, US-Anträge auf eine Übernahme lägen bisher nicht vor.

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