Guantanamo-Häftlinge:Deutschland ist prinzipiell aufnahmebereit

In München gibt es eine große Exilgemeinde chinesischer Uiguren. Sie könnte demnächst Zuwachs erhalten - Gefangene aus Guantanamo.

Susanne Höll

Die Bundesregierung unterstützt die Pläne zur Auflösung des umstrittenen US-Gefangenenlagers in Guantanamo und ist grundsätzlich bereit, Inhaftierte in Deutschland aufzunehmen. Prinzipiell seien Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bereit, uigurischen Gefangenen Zuflucht zu gewähren, die unter Terrorismusverdacht inhaftiert aber inzwischen nicht mehr verdächtig seien, verlautete am Sonntag aus Regierungskreisen in Berlin.

Guantanamo-Häftlinge: Das US-Gefangenenlager in Guantanamo soll aufgelöst werden. Wohin die Insassen kommen sollen, ist noch unklar.

Das US-Gefangenenlager in Guantanamo soll aufgelöst werden. Wohin die Insassen kommen sollen, ist noch unklar.

(Foto: Foto: dpa)

Dies habe man auch US-Vertretern mitgeteilt, die in den vergangenen Tagen im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt gewesen seien, hieß es weiter. "Deutschland befürwortet die Schließung des Lagers in Guantanamo. Wenn wir behilflich sein können und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, sind wir zur Hilfe bereit", hieß es aus Regierungskreisen. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

Der künftige US-Präsident Barack Obama hat es sich zum Ziel gesetzt, das weltweit kritisierte Lager auf Kuba zu schließen. Unter den Gefangenen sind gut ein Dutzend aus China stammender Uiguren. Ihnen könne nach US-Darstellung aber nicht nachgewiesen werden, dass sie an Terror-Planungen beteiligt gewesen seien, hieß es aus diesen Kreisen. Im Fall einer Auflösung des Lagers könnten diese Inhaftierten nicht nach China zurückgeschickt werden, weil ihnen dort Verfolgung und Folter drohe.

In Regierungskreisen hatte es schon vor zwei Wochen geheißen, man könne sie eventuell in Deutschland aufnehmen, wenn alle anderen Möglichkeiten zu ihrer Unterbringung scheiterten. Zunächst aber seien die USA für die Zukunft gefangener Guantanamo-Häftlinge verantwortlich, anschließend ihre jeweiligen Heimatländer. Zugleich aber sei die internationale Gemeinschaft in der Pflicht, die USA zu unterstützen. Wenn offenkundig Unschuldige nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten, sei man zur Hilfe bereit.

Deutschland bietet sich als Aufnahmeland an

Menschenrechtsorganisationen und die Grünen hatten die Bundesregierung zur Aufnahme unschuldiger Guantanamo-Häftlinge aufgefordert. Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), hatte sich am Wochenende dafür ausgesprochen. Insgesamt befinden sich noch etwa 250 Gefangene in dem Lager.

Deutschland bietet sich als Aufnahmeland für die Uiguren an, die nach Einschätzung von Menschenrechtsgruppen in ihrer chinesischen Heimat unterdrückt werden. In den vergangenen Wochen hatte es in Regierungskreisen geheißen, das sei naheliegend, weil es in München eine uigurische Gemeinde gebe. Unlängst hatte sich auch Portugal bereit erklärt, Gefangene aufzunehmen, wenn auch andere EU-Staaten diesem Schritt folgten.

Das Lager auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay, das der noch amtierende US-Präsident George W. Bush nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 eingerichtet hatte, war von Beginn an auf scharfe Kritik gestoßen. Seit 2002 werden dort mutmaßliche Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer festgehalten.

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