Guam:Keine Angst vor Pjöngjang

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Auf der Insel im Westpazifik vertraut man auf das ansässige US-Militär, das dort Langstreckenbomber und U-Boote stationiert hat.

Von Arne Perras, Singapur

Sie kennen das schon in Guam. Drohungen vom Mann in Nordkorea. Nicht, dass die Bewohner der Insel im Westpazifik deswegen gleich in Panik gerieten. Wer sich kürzlich auf der Insel umhörte, stieß überall auf recht große Gelassenheit. Und manchmal auch auf Galgenhumor. "Was soll man sonst auch machen?", sagte Paul Connolly, Amerikaner irischer Abstammung, der auf Guam in der Flugzeugbranche arbeitet. "Wir können ja nur darauf vertrauen, dass uns das US-Militär schützt."

Mitte August also, als Kim Jong-un gerade seine schlimmste Drohung gegen Guam ausgestoßen hatte, postete Connolly das Foto einer Wolke an seine Freunde. Am Tag danach erzählte er immer noch stolz von seinem Bild, er habe ja unheimliches Glück mit diesem Schnappschuss gehabt. Klar hatte er das noch auf seinem Smartphone gespeichert. "Sieht dieser Atompilz nicht einfach wunderbar aus?", rief er, als er in einer Kneipe sein allabendliches kühles Bier die Kehle hinunter laufen ließ. Es war natürlich nur eine sehr dunkle Gewitterwolke in der Abendsonne, die er am Tag, als Kim zuschlagen wollte, direkt vor seinem Haus aufnahm.

Und jetzt, nur wenige Tage später? Die Drohungen aus Pjöngjang hören nicht auf, gerade ließ Kim die Welt wissen, dass die Rakete, die er über Japan hinwegfliegen ließ, nur ein "erster Schritt" seiner militärischen Einsätze im Pazifik sei und dass er Guam in Schach halten wolle.

Auf der Insel versteht man diese Bemerkung schon so, dass er immer noch auf das US-Territorium zielt, das für die USA von großer strategischer Bedeutung ist. Einst mussten es die Spanier nach verlorenem Krieg 1898 an die Amerikaner abtreten. Während des Zweiten Weltkrieges verlor Washington die Insel dann kurzzeitig an Japan, dessen Truppen eine Schreckensherrschaft auf Guam errichteten, bis US-Truppen das Gebiet schließlich zurückeroberten. Seither gilt Guam als wichtigster US-Brückenkopf im Westen des Pazifiks. Von hier aus starten B-1-Langstreckenbomber und im Südwesten der Insel besitzt die US-Navy einen U-Boot-Stützpunkt.

Auch die Touristen lassen sich nicht abschrecken. Letztes Jahr kamen eineinhalb Millionen

160 000 Bewohner hat Guam, ein buntes Gemisch aus Ureinwohnern, die vor mehr als 3000 Jahren aus Südostasien mit Booten die Insel erreichten, und späteren Zuwanderern; Spaniern, Amerikanern, Philippinern. 7000 US-Soldaten leisten auf Guam ihren Dienst. Und weil die Insel so viel militärisches High-Tech besitzt, haben die meisten Vertrauen darauf, dass die US-Streitkräfte eine Rakete aus Nordkorea in jedem Fall rechtzeitig abfangen und zerstören könnten. "Ich jedenfalls kann immer noch ruhig schlafen, unser Militär hat das im Griff", sagt Marcus Guerrero, der in einem Hotel in Tumon Bay arbeitet und wie alle dort weiß, dass so eine Rakete aus Nordkorea 14 Minuten bräuchte, um die Insel zu erreichen. "Das muss reichen, um sie vorher runterzuholen", sagt Guerrero.

In Tumon jedenfalls brummt der Tourismus, vor allem Urlauber aus Japan und Südkorea suchen dort Sonne und Strand. Die Zahl der Besucher steigt seit Jahren stetig an, 2016 kamen mehr als 1,5 Millionen auf die 51 Kilometer lange und 13 Kilometer breite Insel. Häufig sind es Familien mit kleinen Kindern, die sich auch im August nicht abschrecken ließen.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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