Grüne nach der Bundestagswahl:Künast gibt Fraktionsvorsitz auf

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Nach der Bundestagswahl will nun auch Renate Künast ihr Amt als Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag aufgeben. (Foto: dpa)

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast will ihr Amt aufgeben. Zuvor hatte bereits Parteichefin Claudia Roth ihren Rücktritt bekannt gegeben. Spitzenkandidat Trittin macht bislang aber keine Anstalten sich zurückzuziehen - zum Ärger anderer in der Partei. Kritik an der Parteispitze kommt auch von Ex-Außenminister Joschka Fischer.

Zwei Frauen ziehen bei den Grünen als erste Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der Bundestagswahl. Bereits am Montagabend sagte die Parteichefin Claudia Roth, dass sie im Herbst nicht erneut für ihr Amt kandidieren wolle. Jetzt teilt auch Renate Künast mit, dass sie nicht Fraktionschefin im Bundestag bleiben will. Sie habe diese bereits vor Längerem getroffene Entscheidung bei einem Treffen der Abgeordneten ihres Realoflügels bekannt gegeben, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.

Auf einem Bundesparteitag im Herbst sollen nach der Wahlniederlage vom Sonntag Bundesvorstand und Parteirat neu gewählt werden. Dass der Vorstand vorzeitig seine Ämter zur Verfügung stellen solle, hatte Roth am Morgen nach Absprache mit Co-Parteichef Cem Özdemir selbst in interner Sitzung vorgeschlagen.

Roth sagte: "Ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für eine Neuausrichtung." Wie Teilnehmer berichteten, erhielt sie bei dem Treffen viel Respekt für ihre Arbeit und den angekündigten Schritt. Sie werde bei der Neuwahl im Herbst Platz für Erneuerung machen. Bereits im Vorfeld hatte es in der Partei geheißen, Roth werde sich womöglich von der Spitze zurückziehen. Als eine mögliche Nachfolgerin gilt in der Partei die ehemalige saarländische Umweltministerin Simone Peter.

Roth kündigte nun an, sich um das Amt der Bundestags-Vizepräsidentin bewerben zu wollen. Özdemir hatte durchblicken lassen, sich erneut als Parteichef bewerben zu wollen. Unklar ist die Zusammensetzung der künftigen Fraktionsspitze, die heute Jürgen Trittin und Renate Künast bilden.

Trittin hat trotz der Wahlniederlage und seiner Rolle als Spitzenkandidat bisher nicht den Eindruck erweckt, dass er persönliche Konsequenzen ziehen wolle. Nach dem schlechten Abschneiden der Grünen bei der Bundestagswahl wird der Spitzenkandidat parteiintern kritisiert.

In der SZ fordert der Europaparlamentarier und ehemalige Parteivorsitzende Reinhard Bütikofer einen Wechsel an der Spitze der Bundestagsfraktion, die Trittin zusammen mit Renate Künast bildet. Trittin habe als Spitzenkandidat ein starkes Mandat der gesamten Partei gehabt, nicht zuletzt der Realos. "Aber aufgetreten ist er nur als Sprecher für den linken Flügel", sagte Bütikofer.

Auch ehemalige Führungskräfte der Grünen üben nun Kritik an der amtierenden Parteispitze. "Es scheint fast, als ob die derzeitige Führung der Grünen älter geworden ist, aber immer noch nicht erwachsen. Sie hat eine Strategie verfolgt, die nicht nur keine neuen Wähler gewann, sondern viele alte vergraulte. Statt über Umwelt und Europa, Bildung und Familien haben wir nur über Steuern und Abgaben geredet", sagte der ehemalige Außenminister Joschka Fischer dem Spiegel.

Es sei ein "fataler Fehler", die Grünen "strategisch auf einen Linkskurs zu verringern". Damit sei die Partei "in der Konkurrenz zu SPD und Linken gnadenlos untergegangen".

Bei der Bundestagswahl am Sonntag waren die Grünen mit 8,4 Prozent weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Bei der Wahl von 2009 hatten sie noch 10,7 Prozent erreicht, zwischenzeitlich lagen sie in den Umfragen deutlich darüber.

Roth hatte im vergangenen Herbst eine der schwersten Niederlagen ihrer Karriere einstecken müssen - bei der Urwahl des Grünen-Spitzenduos erhielt die 58-Jährige nur 26 Prozent und dachte danach an Rücktritt. Doch dann wurde sie von der Partei gedrängt, weiterzumachen - und erhielt auf einem Parteitag in Hannover 88,5 Prozent nach 79,3 Prozent zwei Jahre zuvor.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/schä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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