Grünen-Spitzenkandidatin Göring-Eckardt:Doppelrolle mit Geschmäckle

Kaum war sie Spitzenkandidatin der Grünen, schon folgte die Rücktrittsforderung: Katrin Göring-Eckardt müsse ihr Amt als Bundestagsvizepräsidentin aufgeben, heißt es aus der schwarz-gelben Koalition. Ist das tatsächlich nötig?

Robert Roßmann

Es war eine der schnellsten Rücktrittsforderungen im sowieso schon hektischen Berlin. Katrin Göring-Eckardt hatte sich noch nicht einmal auf den Weg zu ihrem ersten Auftritt als Spitzenkandidatin gemacht - da war sich Birgit Homburger schon sicher: Die Grüne müsse jetzt ihr Amt als Vizepräsidentin des Bundestags niederlegen. Alles andere verstoße gegen das Gebot der Überparteilichkeit.

Nun sollte die stellvertretende FDP-Chefin nicht ganz so päpstlich auftreten. Schließlich blieb Walter Scheel 1968 auch nach seiner Wahl zum FDP-Vorsitzenden Bundestagsvizepräsident. Trotzdem hat Homburger recht: Spitzenkandidaten sind zu exponierte Wahlkämpfer, um ohne Geschmäckle Sitzungen des Bundestags leiten zu können. Vormittags an vorderster Front die Koalition attackieren und nachmittags im Parlament die überparteiliche Präsidentin geben - das passt nicht zusammen.

Göring-Eckardt ist zwar keine Frau, die eine solche Doppelrolle ausnutzen würde. Aber es gilt, schon jeden Anschein zu vermeiden. Genau deshalb ließ der Bundestag übrigens 2005 den damaligen Linken-Chef Lothar Bisky bei der Wahl zum Vizepräsidenten durchfallen.

Ihre Ämter in der evangelischen Kirche lässt Göring-Eckardt jetzt ruhen. Das zeigt, dass sie um das Problem weiß. Umso unverständlicher ist es, dass sie auf ihrem Amt als Vizepräsidentin beharrt.

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