Grüne:Wenn keiner mehr fragt

Im Wahlkampf fehlen der Partei die Leidenschaft - und die Optionen.

Von Stefan Braun

Man könnte von Zufall sprechen. Oder von Absicht. Am wahrscheinlichsten aber ist es Gedankenlosigkeit, wenn die Sozialdemokraten derzeit viel über Linke und Liberale reden, aber kein Wort über die Grünen verlieren, sobald sie über Koalitionen sinnieren. Frei nach dem Motto: Die Grünen werden eh mit dabei sein. Dem grünen Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir mag es recht sein; sie wollen von derlei Debatten verschont werden. Im Augenblick aber ist das keine Stärke. Es zeigt, dass grün keine Fantasien auslöst.

Sicher, die Parteiführung erklärt seit langem, dass sie nicht für Koalitionen, sondern für eigene Inhalte kämpfen werde. Erfolg aber kann man so nur haben, wenn die Menschen die Ziele der Partei kennen und ihre Anführer für diese brennen. Beides ist derzeit nicht zu spüren.

Göring-Eckardt und Özdemir sind routiniert und erfahren. Sie können zu den meisten Themen etwas sagen. Und sie haben bislang keine groben Fehler gemacht. Sie haben nur ein Problem: Die meisten Menschen können nicht erkennen, was die beiden am allerdringendsten erreichen möchten. Sie reden über die offene Gesellschaft genauso wie über die Digitalisierung, über den Klimawandel wie über die Integration der Flüchtlinge. Alles ist wichtig, aber nichts brennt ihnen auf den Nägeln. Das bündelt keine Energie, sondern verteilt sie - und erklärt am besten, warum sich so wenige angezogen fühlen.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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