Grüne: Parteitag in Berlin:Grün war die Hoffnung

Die Debatte um Koalitionen wird auch mit einem Parteitagsbeschluss der Grünen nicht vorbei sei. Die Partei zieht ohne Machtoption in den Bundestagswahlkampf.

Thorsten Denkler, Berlin

Es gibt derzeit keinen grünen Spitzenpolitiker, der nicht betonen würde, dass die Debatte um Koalitionen mit diesem Berliner Parteitag endgültig vorbei sein wird. Am Sonntag wird der Wahlaufruf wohl mit erhoffter großer Mehrheit verabschiedet. Und dann soll allen alles klar sein. "Jamaika", also eine Koalition mit CDU und FDP wird ausgeschlossen - alles andere ist möglich, wenn auch das meiste unwahrscheinlich.

Grüne: Parteitag in Berlin: Grünes Duo Claudia Roth, Cem Özdemir: Wochenlang gestritten wie die Kesselflicker

Grünes Duo Claudia Roth, Cem Özdemir: Wochenlang gestritten wie die Kesselflicker

(Foto: Foto: ddp)

Über Wochen hinweg haben sich die Grünen gestritten wie die Kesselflicker. War es eine gute Idee von Spitzenteam-Mann Jürgen Trittin, alles auf die Ampel-Karte zu setzen? Mehrheitlich offenbar nicht. Deshalb ist "Ampel" zum Unwort in der Parteispitze geworden.

Es soll auch ohne gehen

Dabei war die Idee, die hinter einer Ampel-Kampagne gestanden hätte, nicht verkehrt. Die Grünen brauchen die Machtperspektive, um wichtig und somit wählbar zu werden. Erklärtes Ziel der Spitzen-Grünen ist es immerhin, drittstärkste Kraft der deutschen Politik zu werden.

Jetzt soll es auch ohne klare Koalitionsaussage gehen. Auch das ist nicht so verkehrt. Die Grünen-Wähler aus dem linken Lager werden sich sicher nicht für eine Koalition mit der verhassten FDP mobilisieren lassen. Wenn es aber nach der Wahl nicht anders gehen sollte, werden sie zähneknirschend zustimmen. Auch Linke wollen regieren.

Rot-Rot-Grün scheidet aus

Was die Grünen aber bei all den Diskussionen zu vergessen scheinen: Die angebliche Machtoption ist überhaupt keine. Es bliebe ja nur die Ampel mit der FDP. Für Schwarz-grün müsste die FDP so schwach werden, dass die Union an den Grünen nicht vorbeikommt. Rot-Rot-Grün scheidet aus, schon allein deshalb, weil die Linke sich am Tag nach der Wahl nicht von der radikalen Friedenspartei zu einer Partei wandeln wird, die Auslandseinsätzen der Bundeswehr zustimmt. Im Herbst stehen einige Mandatsverlängerungen an.

Was aus Sicht von Grünen-Funktionären für die Ampel spricht, ist die Vermutung, FDP-Chef Guido Westerwelle müsse unbedingt regieren, weil er ansonsten seine Position nicht länger halten könne. Es ist dies zugleich das einzige Argument, das vorgebracht wird. Und ein unsinniges zugleich.

Westerwelle müsste für eine Regierungsbeteiligung in einer Ampel vom bürgerlichen ins linke Lager wechseln. Dafür gibt es keinen rationalen Grund. Denn er würde mit einem komfortablen zweistelligen Ergebnis eher vier Jahre Opposition als die zu erwartenden Dauerkonflikte mit zwei Partnern links der Mitte überleben.

Nur eine vage Hoffnung

Sollte er es dennoch versuchen, müsste sich Westerwelle das von SPD und Grünen so teuer bezahlen lassen, dass zumindest die Grünen nicht zustimmen könnten.

Nein, die Grünen haben keine reale Machtperspektive. Sie haben nur eine vage Hoffnung.

Die Wähler von links werden es besser wissen. Sie wollen keine Ampel, sie wollen Schwarz-gelb verhindern. Und dafür nehmen sie auch eine Neuauflage der großen Koalition in Kauf. Eine Stimme für die Grünen wäre so gesehen eine verschenkte Stimme. Da helfen auch die besseren Konzepte nichts.

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