Großrabbiner besucht Vatikan:"Kapitel Williamson abgeschlossen"

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Nach dem Zerwürfnis über den Fall Williamson zeigt sich der Großrabbiner von Haifa bei einem Treffen mit dem Papst versöhnlich. Dessen Selbstkritik findet Lob von vielen Seiten.

Der Großrabbiner von Haifa, Schear Jaschuv Cohen, hat dem Papst bei einem Treffen im Vatikan für seine klaren Worte gegen die Leugnung des Holocaust gedankt. "Wir danken dem Vatikan, mit der klaren Stellungnahme gegen die Leugnung des Holocaust die Wiederaufnahme des Dialogs ermöglicht zu haben", erklärte Cohen als Leiter einer Delegation des israelischen Großrabbinats.

Bekommt für seine Selbstkritik viel Beifall: Papst Benedikt XVI. (Foto: Foto: dpa)

Das Großrabbinat hatte das Treffen mit dem Papst im Januar wegen der Affäre um den Holocaust-Leugner Richard Williamson zunächst abgesagt. Nun stehen die Zeichen wieder auf Annäherung. Das Treffen fiel mit der offiziellen Veröffentlichung eines persönlichen Papstbriefes an alle Bischöfe zusammen, in dem Benedikt XVI. im Umgang mit den Pius-Brüdern Pannen einräumt und die heftig umstrittene Entscheidung erläutert. Cohen erklärte, mit diesem Brief sei das "Kapitel Williamson abgeschlossen".

Der Papst wird im Mai erstmals in seinem Pontifikat nach Israel reisen. Seine Absicht sei vor allem, für Einheit und Frieden sowohl in der Region als auch für die Menschheitsfamilie in der ganzen Welt zu beten, sagte der Papst im Vatikan und fügte hinzu: "Möge mein Besuch auch helfen, den Dialog der Kirche mit den Juden zu vertiefen, damit Juden und Christen und auch Muslime in Frieden und Harmonie in diesem Heiligen Land leben können."

Zugleich betonte der Papst die Bedeutung eines von gegenseitigem Verständnis und Respekt geprägten Dialogs zwischen der katholischen Kirche und den Juden. Dieser sei notwendig und möglich, "weil wir ein gemeinsames reiches spirituelles Erbe anerkennen".

Zuvor hatte der Vatikan einen Brief des Pontifex veröffentlicht, in dem er den Bischöfen die Beweggründe für die Rücknahme der Exkommunikation von Williamson erläutert und zugleich Kommunikationspannen bedauert. Die Wiederaufnahme von Williamson und dreier weiterer Bischöfe der erzkonservativen Pius-Bruderschaft sei als "Einladung zur Versöhnung" gedacht gewesen.

Vatikansprecher Frederico Lombardi betonte den "ungewöhnlichen" und "persönlichen" Ton des Schreibens. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen würdigte die "sensationelle Offenheit" des Papstbriefes. Das habe es noch nie gegeben, dass der Papst Pannen innerhalb der Kommunikation der Römischen Kurie zugebe und Reformen ankündige, sagte Thissen in Hamburg. "Das ist alles andere als ein diplomatischer Brief. Papst Benedikt äußert sich mit bewegender Offenheit", bewertete Thissen das päpstliche Schreiben an alle Bischöfe. Der Papst mache Mut, "die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils wieder neu wahrzunehmen und zu beherzigen".

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Peter Ramsauer, fand ebenfalls lobende Worte für Papst Benedikt XVI. "Ich finde das Verhalten des Papstes beispielhaft", sagte Ramsauer im Interview mit sueddeutsche.de. "Der Heilige Vater benennt Fehler, die innerhalb des Vatikans gemacht wurden." Das sei ungewöhnlich und mutig.

Der CSU-Politiker betonte: "So viel Courage würde ich mir auch von denjenigen wünschen, die seine gut gemeinten Worte leider immer wieder negativ auslegen." Ramsauer, der dem Kirchenoberhaupt am Mittwoch bei einer Audienz begegnet war, sagte weiter, der Wirbel um die Begnadigung Williamsons sei dem Papst "persönlich sehr, sehr nahe gegangen". Auch bei vielen deutschen Gläubigen habe "die übertriebene Kritik am Heiligen Vater" tiefe Spuren hinterlassen - "in einem Maße, das ich anfangs nicht für möglich gehalten habe".

Williamson hatte in einem Ende Januar ausgestrahlten Interview mit dem schwedischen Fernsehen gesagt, er denke, dass "200.000 bis 300.000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben" seien, aber "nicht ein einziger von ihnen in Gaskammern". Am selben Tag unterschrieb Papst Benedikt XVI. das Dekret, das Williamsons Exkommunizierung rückgängig machte. Williamson erklärte Ende Februar, er bitte "vor Gott" um Vergebung aller, die er durch seine Leugnung der Judenvernichtung während der NS-Diktatur verletzt habe. Der Vatikan stufte die Entschuldigung als unzureichend ein.

© AFP/dpa/ddp-bay/ihe/bosw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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