Große Koalition:Unionsfraktionsvize bringt CDU-Mitgliederentscheid ins Gespräch

Erbittert feilschen SPD und Union in den Koalitionsverhandlungen um Details. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs will sich von den Sozialdemokraten nicht "am Nasenring herumziehen lassen" - und deutet an, dass auch die CDU-Basis über einen Koalitionsvertrag abstimmen sollte.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs hat indirekt vorgeschlagen, dass auch die CDU über einen Vertrag für eine große Koalition per Mitgliederentscheid abstimmt. "Wir dürfen uns von der SPD nicht am Nasenring herumziehen lassen", sagte der CDU-Politiker der Wirtschaftswoche.

Hintergrund ist der Druck, den die SPD in den Koalitionsverhandlungen macht, weil sie das Ergebnis ihren Mitgliedern vorlegen will. "Es kann ja wohl nicht angehen, dass bei denen bei vermutlich geringer Beteiligung am Ende 120.000 Mitglieder über die künftige Regierung Deutschlands abstimmen. Und bei der Union, die mit 42 Prozent der Wahlsieger ist, entscheidet am Ende eine Handvoll Leute", wird Fuchs zitiert.

Fuchs gehört dem Wirtschaftsflügel der Union an, dieser ist mit den Koalitionsverhandlungen unzufrieden. Neben den geplanten Ausgaben für die Rentenkassen, der Reglementierung des Arbeitsmarktes, der Mietpreisbremse und der Frauenquote kritisieren die Wirtschaftler auch, dass die geplanten Korrekturen der Energiewende zu zaghaft seien.

Dissonanzen beim Mindestlohn

Der Kritik zum Trotz stimmte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Union zuletzt auf Zugeständnisse an die SPD ein. Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Erfurt deutete sie an, dass dies etwa den Mindestlohn und die doppelte Staatsbürgerschaft betreffen werde.

Von diesem Kurs sind bei weitem nicht alle Parteifreunde überzeugt. Der Wirtschaftspolitiker Christian von Stetten (CDU) sagte zwar im Südwestrundfunk, die Union müsste "die Zahl 8,50 Euro" akzeptieren. Er sei jedoch wie die meisten in der Unionsfraktion gegen einen von der Politik festgesetzten Mindestlohn. "Wir haben aber auch verstanden, dass bei der SPD irgendwo die 8,50 Euro stehen müssen, sonst kann die SPD in keine große Koalition gehen." Über die Ausgestaltung müsse aber noch gesprochen werden.

Andere Konservative wehren sich weiter gegen eine pauschale Lohnuntergrenze. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warnte in der Bild am Sonntag vor einer überstürzten Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und plädierte für Übergangsfristen. Ein flächendeckender Mindestlohn, der ohne Übergangsfristen eingeführt werde, "birgt vor allem im Osten die Gefahr neuer Arbeitslosigkeit", sagte Kauder.

Ostdeutsche SPD-Chefs bleiben hart

Ostdeutsche SPD-Ministerpräsidenten pochen allerdings weiter auf eine einheitliche Höhe in Ost und West. Die zuständige Verhandlungsgruppe für Arbeit und Soziales wollte am Samstagsnachmittag tagen. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering, der in dem Gremium sitzt, sagte Spiegel Online: "Ich sehe keinen einzigen Grund dafür, warum der Mindestlohn im Osten niedriger ausfallen oder später kommen sollte als im Westen."

Anderenfalls würde im schärfer werdenden Wettbewerb um Fachkräfte der Osten benachteiligt: "Sonst gehen die guten Leute nach Hamburg oder Stuttgart." Sellerings brandenburgischer Kollege Dietmar Woidke nannte einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn "eine der Grundvoraussetzungen für das Zustandekommen der großen Koalition". Er sei gerade für Ostdeutschland wichtig, weil dort mehr als ein Viertel der Beschäftigten weniger als 8,50 Euro verdiene. "Deshalb darf es auch keine Differenzierung zwischen Ost und West geben."

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