Große Koalition:Streit um Migration belastet Koalitionsverhandlungen

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  • Ohne sichtbare Annäherungen beim Streitthema Migration sind CDU, CSU und SPD in ihre Koalitionsverhandlungen gestartet.
  • Aus Parteikreisen hieß es, vor allem beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge mit geringem Schutzstatus seien die Verhandler nicht weitergekommen.
  • Alle Seiten betonten trotz anhaltender Differenzen in Kernthemen ihre Bereitschaft zu Kompromissen.

Union und SPD sind gleich zu Beginn der Koalitionsverhandlungen mit dem Versuch gescheitert, sich auf eine Regelung über den Familiennachzug für Flüchtlinge zu einigen. Nach stundenlangen Debatten vertagten die Spitzen der drei Parteien in der Nacht zum Montag eine Entscheidung. Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sprach am frühen Morgen nach dem Treffen der 15 Spitzenvertreter von einem "sehr intensiven Gespräch".

Alle Seiten betonten trotz anhaltender Differenzen in Kernthemen ihre Bereitschaft zu Kompromissen. Es werde "intensiv gearbeitet und auch hart um Lösungen gerungen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), in einem mit allen Seiten abgestimmten Statement. Man habe sehr intensiv über Arbeitsmarktpolitik, Migrationspolitik, Gesundheitspolitik diskutiert. "Es quietscht", hieß es dagegen aus SPD-Kreisen zu den Verhandlungen.

Aus Parteikreisen hieß es, vor allem beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge mit geringem Schutzstatus seien die Verhandler nicht weitergekommen. Die Arbeitsgruppe Migration sei beauftragt worden, im Laufe des Montags Lösungsmodelle zu erarbeiten. Die SPD will bei den Verhandlungen eine weitergehende Härtefallregelung für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus erreichen. Die Partei führe die Verhandlungen auf Grundlage der Sondierungsergebnisse, aber "Koalitionsverhandlungen sind Koalitionsverhandlungen und keine Sondierungen mehr", hieß es aus SPD-Verhandlungskreisen.

Ringen um Härtefallregelung

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer zeigte sich indes zuversichtlich, dass ein schneller Kompromiss beim Familiennachzug möglich sei. Union und SPD seien in dem Punkt in der "Endabstimmungsphase", sagte Dreyer im Deutschlandfunk. "Es gibt den Willen, dass man da heute zu einer Einigung kommt." Unter Druck setzen lasse sich ihre Partei dabei von der Union nicht. "Ich lasse mir da nicht drohen."

Auch CDU-Vize Volker Bouffier zeigte sich optimistisch. "Ich habe den Eindruck, dass alle bemüht sind, zu einem Ergebnis zu kommen", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". "Aber wir haben noch keinen Konsens." Spielräume sehe er nur bei den Härtefallregelungen. Bouffier erklärte, grundsätzlich müsse es beim Thema Migration darum gehen, wie viele Menschen auch integriert werden können. Dazu gebe es aus den Sondierungsgesprächen bereits eine Verständigung, fügte er mit Blick auf die vereinbarte Spanne von jährlich 180 000 bis 220 000 Migranten hinzu. "Die Größenordnung, die wir gefunden haben, ist vernünftig."

Auch CSU-Unterhändler Joachim Herrmann beharrte auf der Zielmarke von nicht mehr als 220 000 Menschen. Der bayerische Innenminister rief die SPD in der Passauer Neuen Presse dazu auf, "einen Vorschlag zu machen, wie sie sich die konkrete Ausgestaltung beim Thema Familiennachzug vorstellt". Grundsätzlich zeigte er sich wenig kompromissbereit. "Es kann nicht sein, dass jetzt plötzlich die Union einseitig weitere Zugeständnisse machen soll", sagte er.

In den Sondierungsgesprächen hatten Union und SPD vereinbart, den Familiennachzug eng zu begrenzen: auf 1000 Menschen pro Monat. Die SPD will eine weitergehende Härtefallregelung erreichen. CDU und CSU lehnen dies ab. An diesem Donnerstag will der Bundestag über eine Verlängerung der inzwischen zweijährigen Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit geringem Schutzstatus entscheiden.

© SZ.de/dpa/rtr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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