Spitzentreffen von CDU, CSU und SPD:Koalition einigt sich auf Fahrplan für strittige Sachthemen

  • Die Parteichefs der großen Koalition haben sich auf einen Fahrplan zur Lösung der in der Regierung strittigen Sachthemen geeinigt, den Flüchtlingsstreit aber ausgeklammert.
  • Es habe Übereinstimmung gegeben, die strittigen Punkte etwa bei der Erbschaftsteuer, der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen sowie der Angleichung von Ost-West-Renten in den kommenden Wochen zu lösen, hieß es nach den zweistündigen Verhandlungen der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) aus Teilnehmerkreisen.

Richtig gut ist das Erscheinungsbild der großen Koalition nicht, Linken-Politiker Ramelow nennt es gar "erbärmlich". Seehofer hämmert auf Merkel ein, Gabriel auf Seehofer und ein wenig auch auf Merkel, und erst vor ein paar Tagen keilte Finanzminister Wolfgang Schäuble gegen Justizminister Heiko Maas.

Doch in einem Jahr ist Bundestagswahl und so langsam, aber sicher wird es Zeit, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren und Streitpunkte auszuräumen. Beim ersten Spitzentreffen der Parteichefs von CDU, CSU und SPD nach der Sommerpause im Kanzleramt einigten sich die Parteichefs auf einen Fahrplan zur Lösung der in der Regierung noch strittigen Sachthemen. Den Flüchtlingsstreit aber klammerten sie aus. Es habe Übereinstimmung gegeben, die strittigen Punkte etwa bei der Erbschaftssteuer, der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen sowie der Angleichung von Ost-West-Renten in den kommenden Wochen zu lösen, hieß es nach den Verhandlungen aus Teilnehmerkreisen.

Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien wollen sich Anfang Oktober zu einem weiteren Spitzengespräch treffen, bei dem dann mögliche Entscheidungen getroffen werden könnten. Bis dahin sollen die Fachpolitiker weiter nach Lösungen suchen. Gemeinsam wollen die Koalitionäre auch versuchen, die Hürden bei der Einstufung von weiteren Maghreb-Ländern als sichere Drittstaaten beiseite zu räumen. Bei den meisten Themen ist jedoch auch die Zustimmung der Ländermehrheit notwendig.

Vor dem Dreier-Treffen hatten Merkel und Seehofer gut zwei Stunden über die allgemeine politische Lage und ihre erbitterte Auseinandersetzung über den Flüchtlingskurs der Kanzlerin gesprochen. Dabei hätten beide Seiten zu erkennen gegeben, dass es den Wunsch gebe, die verfahrene Situation zwischen den Unionsspitzen aufzulösen, hieß es. Eine Annäherung beim Streit über die von Seehofer geforderte konkrete jährliche Obergrenze für Flüchtlinge gab es erwartungsgemäß nicht. Merkel lehnt eine solche Festlegung ab.

"Parolen und schräge Vorschläge"

Gabriel kritisierte im Vorfeld des Spitzentreffens eine "Banalisierung der Politik" durch die CSU, die sich in der Flüchtlingsthematik mit "Parolen und schrägen Vorschlägen" hervortue. Im Berliner Tagespiegel machte der SPD-Chef die Union am Sonntag für den Aufschwung der AfD verantwortlich. "Der Resonanzboden für die Parolen der AfD wäre deutlich kleiner geblieben", wenn CDU und CSU die finanzielle Unterstützung für Städte und Gemeinden bei der Flüchtlingsintegration nicht so lange blockiert hätten.

"Der zentrale Fehler war, dass wir länger als ein Jahr gebraucht haben, bis wir den Kommunen geholfen haben", sagte Gabriel. "Dann mussten Turnhallen geschlossen werden. Erst als die Politik schon mit den Rücken zur Wand stand, hat die Union endlich zugestimmt."

Gabriel schrieb laut Bild am Sonntag vor dem Treffen einen Brief an Merkel und Seehofer: "Wir müssen den Beweis antreten, dass die Koalition den Willen und die Kraft aufbringt, den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft zu festigen." Zu einem von ihm vorgeschlagenen Sechs-Punkte-Plan zählen ein rascher Kabinettsbeschluss über das Gesetz für Lohngerechtigkeit, eine zügige Einigung bei der Reform der Erbschaftssteuer, die Angleichung der Renten in Ost und West aus Steuermitteln, die Einführung der Lebensleistungsrente, die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und eine erneute Mietrechtsreform.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der Welt: "Ich rate der Union dringend, zur Sacharbeit zurückzukehren - statt permanent folgenlose Symboldebatten zu führen." Er forderte die Union auf, gemeinsam mit der SPD ein Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen. "Der Bundestag sollte jedes Jahr die Quote für die Einwanderung festlegen, so dass es ein politisch legitimierter und kontrollierter Prozess ist", sagte Oppermann.

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