Große Koalition:Grüne kritisieren teure Stellenpläne der Regierung

Das Bundesfinanzministerium in Berlin - seit März 2018 leitet der SPD-Politiker Olaf Scholz die Behörde.

Das Bundesministerium der Finanzen in Berlin bekommt zahlreiche neue Mitarbeiter.

(Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Die Regierung lässt sich mehr als 200 neue Stellen bewilligen - davon 41 allein im Leitungsbereich des Finanzministeriums.

Von Stefan Braun, Constanze von Bullion und Hakan Tanriverdi, Berlin

Die Grünen üben scharfe Kritik an den Plänen der Bundesregierung, im Kanzleramt und in Ministerien mehr als 200 zusätzliche Stellen zu schaffen. Ihr haushaltspolitischer Sprecher Sven-Christian Kindler sprach von "dreisten und peinlichen" Begründungen für den Stellenaufwuchs. Die Bundesregierung habe bislang "null Plan", was sie mit den zusätzlichen Top-Beamten überhaupt anfangen wolle. Statt mehr Stellen für Investitionsplaner, Pflegekräfte oder Erzieher zu schaffen, "bläht die Groko den Wasserkopf in den Ministerien auf", sagte Kindler der SZ.

Hintergrund der Kritik ist der Beschluss der Koalition, das Regierungspersonal aufzustocken, insbesondere im Kanzleramt, im Bundesfinanzministerium, im Innen- und Arbeitsministerium. Der grüne Haushaltsexperte Kindler stellte eine Anfrage an die Regierung, wofür genau die Stellen geschaffen würden. Die Antwort der Bundesregierung: ausweichend.

Das Bundesinnenministerium wird aufgebläht

Das Finanzministerium teilte mit, die "regierungsinternen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2018" seien "noch nicht abgeschlossen". Im Übrigen stünden Stellenplanveränderungen "regelmäßig erst am Ende der Beratungen fest". Unzureichend, findet Kindler. Denn als das Finanzministerium im März die Stellen beantragte, teilte es dem Haushaltsausschuss mit, es bestehe "ein unabweisbarer, auf andere Weise nicht zu befriedigender Bedarf". Eben diese Dringlichkeit aber lasse die Antwort des Finanzministeriums vermissen, so Kindler. Die mangelhafte Auskunft sei ein Verstoß gegen die Bundeshaushaltsordnung. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Regierung als Kompensation laut Finanzministerium 115 Stellen beim Zoll und 198 Stellen bei der Bundespolizei streichen möchte. Über die gesamte Wahlperiode koste das zusätzliche Personal mehr als 100 Millionen Euro.

"Besonders dreist" nennt der Grüne 41 zusätzliche Stellen im Leitungsbereich des Finanzministeriums. Nur fünf bis sechs davon können später wegfallen. Die Stellen wurden vor allem damit begründet, dass Minister Olaf Scholz (SPD) zugleich Vizekanzler ist. Scholz' Vorgänger als Vizekanzler, Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, hatte dafür fünf Stellen. Sie wechseln ins Finanzministerium.

Kräftig aufblähen wird sich auch das Innenministerium, das unter Horst Seehofer (CSU) um die Bereiche Bau und Heimat erweitert wurde. Aus bisher fünf werden hier acht Staatssekretäre. Für einen zusätzlichen Parlamentarischen Staatssekretär gibt es sechs neue Mitarbeiter. Zudem wird im Haus künftig eine eigenständige Abteilung für Cybersicherheit aufgebaut. Das bestätigte ein Sprecher des BMI. Nach den Erfahrungen der Hackerangriffe auf das Datennetz des Bundes soll Cyberkriminalität professioneller bekämpft werden. Unklar ist, ob es dafür auch Extra-Stellen gibt - und ob der bisherige Staatssekretär und IT-Beauftragte der Bundesregierung, Klaus Vitt, auch Staatssekretär der neuen Cyber-Abteilung wird.

Allein für die neue Abteilung Heimat sind 98 zusätzliche Stellen plus Staatssekretär im BMI vorgesehen. Das sorgt bereits für Ärger. Angedockt wird an der Abteilung Heimat auch die Abteilung Raumordnung aus dem Bundesverkehrsministerium.

Nun wird es eng im BMI. Das Innenministerium platzte schon bisher aus allen Nähten. Seehofers Vorgänger wollte seinen Zuschnitt verkleinern, das Gegenteil ist der Fall. Wer nun welche Querschnittaufgaben übernimmt, ist so ungeklärt wie die Frage: Wo sollen die Neuen eigentlich alle sitzen? Die Angelegenheit sei "noch in Klärung", heißt es im Haus. Schon jetzt aber ist klar: Nicht jeder Staatssekretär kann seinen Sitz beim Minister haben.

Für 200 Kollegen des ehemaligen Bauministeriums ist am BMI-Hauptsitz kein Platz, sie bleiben in der Berliner Krausenstraße. Das gilt auch für Baustaatssekretär Gunther Adler. Er bekommt zwar ein Zweitbüro an Seehofers Dienstsitz, muss ansonsten aber ohne Ministernähe auskommen. Unter den Bauministerialen wird das als erster Hinweis gewertet, dass Bauen und Wohnen nicht allzu ernst genommen werden könnte im BMI. Nicht doch, versichert ein Seehofer-Sprecher. Die Sache sei noch im Fluss.

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