Große Koalition:Die drei von der Zugspitze

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Beim Treffen auf der Zugspitze meiden die Fraktionsspitzen das Thema Flüchtlingspolitik - ein offener Streit würde wohl niemandem von ihnen helfen. (Foto: Getty Images)

Mit seinen Aussagen zur Asylpolitik hat Alexander Dobrindt einmal mehr eine hitzige Debatte angezettelt. Doch beim Gipfel-Treffen der Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD gibt sich selbst Andrea Nahles betont kühl.

Von Mike Szymanski, Garmisch-Partenkirchen

Versöhnung in der großen Koalition ist dann, wenn alle ihren Ärger am Ende auf CSU-Chef Horst Seehofer abladen können. Es ist Montagmittag, 4 Grad über Null, auf dem höchsten Ort Deutschlands. Auf dem Gipfel der Zugspitze haben sich am Montag die Fraktionschefs von SPD, CDU und CSU versammelt. Sie kommen zur zweitägigen Klausur mit ihren Vorständen zusammen. Sie wollen Einigkeit demonstrieren, denn es gab mal wieder heftig Ärger.

In der Republik wird munter gestritten über die jüngste Kampfbegriff-Schöpfung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: "Anti-Abschiebe-Industrie". Er kritisierte damit die Arbeit der Anwälte und Hilfsorganisationen, die Flüchtlingen helfen, ihre Rechte wahrzunehmen.

"Wir machen dort weiter, wo wir im Herbst 2017 aufgehört haben," sagt ein CDU-Mann

Oben auf der Zugspitze wird Andrea Nahles, die SPD-Fraktionschefin, gefragt, was sie davon hält. Sie könnte sich jetzt richtig aufregen, wie andere in ihrer Partei. Macht sie aber nicht. Sie hat ihren Bätschi-Moment. Streit? Denkste! Stattdessen kommt Nahles nur kurz auf den Koalitionsvertrag zu sprechen, wo sehr ausführlich nach langem Streit niedergelegt ist, wie SPD und Union mit Flüchtlingen umgehen wollen. Vieles davon hat CSU-Chef Horst Seehofer als Bundesinnenminister abzuarbeiten, seien es die umstrittenen Ankerzentren, die die Union will, oder der Familiennachzug, auf den die SPD bestanden hat.

Nahles sagt: "Das heißt, dass Herr Seehofer jetzt in die Arbeit kommen muss."

Volker Kauder sagt: "Das kommt er schon. Da können Sie sich drauf verlassen!"

Dobrindt sagt: "Das ist er schon."

Seehofer soll es also richten, irgendwie, früher oder später.

Es ist das erste Mal in dieser Legislaturperiode, dass die geschäftsführenden Vorstände zur Klausur zusammenkommen. Und es hat schon wieder was von einem Krisengipfel. Außer durch Streit ist die ohnehin ungeliebte Neuauflage der großen Koalition bisher nicht wirklich aufgefallen. "Wir machen dort weiter, wo wir im Herbst 2017 aufgehört haben", sagt ein Spitzenpolitiker aus der CDU-Fraktion. Und das sieht man in der SPD genauso, nur ist dort der Erfolgsdruck erheblich höher.

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Nahles sieht nicht so aus, als ob sie Dobrindt lange böse sein könnte. Genau genommen lächelt sie in einer Tour und ganz besonders, als Dobrindt aufs Teambuilding zu sprechen kommt. Nahles war bereits am Abend zuvor zur Zugspitze gekommen. Sie hatte sich im privaten Rahmen auch mit Dobrindt schon zusammengesetzt.

Nun sagt sie, es gehe "schlicht und ergreifend" um Teambuilding. Nahles weiß auch: die nächsten Tage über Dobrindt zu streiten hilft ihrer SPD nicht weiter. Die will Ergebnisse sehen. Seit die Fraktionschefin Andrea Nahles vor wenigen Wochen auch an die Parteispitze gewählt wurde, ist noch nichts spürbar besser geworden. In den Umfragen verharrt die Partei bei 17 Prozent. Es rollt kein Nahles-Zug. Die SPD in Bayern ist wenige Monate vor der Landtagswahl sogar auf zwölf Prozent in den Umfragen abgerutscht. Bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein hat die Partei gerade mal wieder enttäuscht. Einer aus der Parteispitze sagt es so: "Alle in der SPD erwarten, dass wir in der großen Koalition noch vor der Sommerpause etwas hinkriegen." Irgendwas mit Wumms soll das sein.

Einen Anfang soll die Wohnungspolitik machen. Die Union will ein Baukindergeld von 1200 Euro pro Jahr und Kind einführen. Es soll rasch beschlossen werden und dann rückwirkend zum 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt werden. Nahles wiederum will die Mieterrechte stärken und den Neubau von bezahlbaren Wohnungen vorantreiben.

Daraus wird beim Fraktionstreffen eine gemeinsame Wohnrauminitiative.

Kauder ist der größte Optimist von den Dreien von der Zugspitze. Er beschwört schon einen speziellen Zugspitz-Geist: "aufeinander verlassen", zusammen etwas hinbekommen wollen. Das meint er. Die Frage ist nur, ob das im Tal der Politik auch noch funktioniert.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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