Großbritannien:Paar in Südengland wohl nicht absichtlich vergiftet

  • Die Frau und der Mann, die in Südenglang mit dem Nervengift Nowitschok Kontakt hatten, sind wohl nicht Opfer eines gezielten Anschlags geworden.
  • Berichten nach könnten sie Kontakt mit einem Behälter gehabt haben, in dem das Gift aus dem Fall Skripal aufbewahrt worden war.
  • Das Paar schwebt weiter in Lebensgefahr.

Das mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftete Paar aus Südengland ist vermutlich nicht Opfer eines gezielten Anschlags geworden. Das berichtete der britische Sicherheitsstaatssekretär Ben Wallace der BBC. Experten halten es für möglich, dass der Mann und die Frau mit einem kontaminierten Gegenstand in Kontakt kamen, der beim Anschlag auf die Skripals genutzt worden war. Der vor dem Anschlag auf die Skripals verwendete Behälter zur Aufbewahrung des Nervengifts sei bis heute nicht gefunden worden, berichtete die Nachrichtenagentur PA unter Verweis auf eine Regierungsquelle.

Der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal, 67, und seine Tochter Julia, 33, waren vor vier Monaten bewusstlos auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury entdeckt worden. Nach langem Koma und Therapie leben sie inzwischen an einem geheimen Ort. Damals erhob London, unterstützt von seinen Partnern in Nato und EU, schwere Vorwürfe gegen Russland, weil vieles darauf hinweise, dass die Urheber des Anschlags in Moskau säßen.

Wie vor vier Monaten wurden auch diesmal Proben der Substanz, die an dem Paar aus Amesbury gefunden wurde, an das staatliche Labor für die Analyse von Kampfstoffen in Porton Down geschickt, wo sie am Mittwoch untersucht wurden. "Das damals verwendete Nowitschok war sehr rein - und das erhöht die Lagerfähigkeit", sagt der Chemiewaffenexperte Ralf Trapp.

Die bei den Skripals verwendete Substanz war ihm zufolge ein hochgereinigter Kampfstoff aus einem Labor, der noch viele Jahre wirksam sein könnte. Daher sei es durchaus denkbar, dass im neuen Fall das Paar etwa mit Nowitschok-Resten an einem Transportgefäß unabsichtlich in Berührung gekommen sei. "Bislang ist das aber nur ein Szenario. Es fehlen noch Fakten", betonte der Toxikologe und Chemiker, der als unabhängiger Berater unter anderem für die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) und die Vereinten Nationen arbeitete. Für Panik in der südenglischen Region gebe es keinen Grund.

Das in Lebensgefahr schwebende Paar liegt in derselben Klinik der Stadt Salisbury, in der die Skripals behandelt wurden. Die Polizei hat in dem neuen Fall vorsorglich mindestens fünf verschiedene Zonen abgesperrt, darunter einen Park und ein Grundstück in Salisbury, sowie eine Apotheke und ein Gemeindehaus der Baptistengemeinde in Amesbury. Die Gesundheitsbehörden versicherten, dass das Risiko für die Öffentlichkeit gering sei. Das Notfallkomitee der britischen Regierung wird sich jedoch mit dem erneuten Auftauchen des Nervengifts befassen.

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