Großbritannien:Ungewöhnliche Allianz

40 % der Briten

sind für einen Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union. Das ist das Ergebnis der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die Zeitung Times. Dagegen sprachen sich 38 Prozent der Befragten für einen Verbleib in der EU aus. 16 Prozent sagten demnach, sie seien noch unentschieden, und sechs Prozent gaben an, sie wollten an einem Referendum nicht teilnehmen.

In Großbritannien bilden EU-Kritiker eine weitere Gruppe, auch sie will die offizielle Kampagne eines EU-Austritts werden. Bevor die Briten demnächst abstimmen, müssen sich die Aktivisten entscheiden.

Von Christian Zaschke, London

Am Tag, an dem der britische Premierminister David Cameron mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentraf, um unter anderem über die britische Mitgliedschaft in der EU zu sprechen, wurde er deutlich daran erinnert, dass die Befürworter eines EU-Austritts von Großbritannien zunehmend präsent werden im öffentlichen Diskurs. Cameron traf Merkel am Freitagnachmittag. Bereits am Vormittag hatte sich die Gruppe "Vote Leave" (Stimm' für den Austritt) offiziell vorgestellt, sie wirbt von nun an dafür, dass das Vereinigte Königreich die EU verlässt. Abgeordnete und Gönner mehrerer Parteien bilden in der Gruppe eine ungewöhnliche Allianz, darunter Parlamentarier der Konservativen, der Labour-Partei und der Unabhängigkeitspartei Ukip. Cameron hat bis spätestens Ende 2017 eine Volksabstimmung über die britische EU-Mitgliedschaft angekündigt. Ein genauer Wahltermin steht noch nicht fest, es wird jedoch erwartet, dass bereits im Herbst 2016 abgestimmt wird.

Die am Freitag vorgestellte Gruppe wird finanziell bestens ausgestattet sein, da sie von mehreren reichen Parteispendern unterstützt wird. Die Millionäre Peter Cruddas (Konservative), John Mills (Labour) und Stuart Wheeler (Ukip) haben sich "Vote Leave" angeschlossen. Es sollen 20 Millionen Pfund für die Kampagne zur Verfügung stehen. Es ist bereits die zweite Gruppe, die sich darum bemühen wird, von der Wahlkommission als offizielle Austritts-Kampagne anerkannt zu werden. Zuvor hatten sich mehrere EU-Skeptiker als "Leave.EU" zusammengeschlossen, darunter Ukip-Chef Nigel Farage. Der einzige Unterhaus-Abgeordnete der Ukip, Douglas Carswell, ist nun allerdings Mitglied von "Vote Leave". Ob die beiden Gruppen sich vereinen oder überhaupt zusammenarbeiten wollen, ist unklar. Die Situation bei den EU-Gegnern ist derzeit auch daher etwas unübersichtlich, da es noch weitere Gruppierungen gibt, die für einen Austritt werben, darunter zum Beispiel "Business for Britain", "Conservatives for Britain" sowie "The Know". Die Wahlkommission wird lediglich eine Gruppe als offizielle Kampagne für den Austritt anerkennen. Diese hat den Vorteil, dass sie finanzielle Unterstützung beantragen kann und das Recht erhält, TV-Spots bei den wichtigsten Fernsehsendern zu platzieren.

Gleiches gilt für die offizielle Kampagne der Befürworter der EU-Mitgliedschaft. In den kommenden Tagen wird sich auch bei ihnen die erste Gruppe präsentieren. Offenbar versuchen derzeit beide Lager, den Londoner Bürgermeister Boris Johnson als Hauptrepräsentanten zu gewinnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: