Großbritannien und Irland:Handschlag für die Zukunft

Prinz Charles trifft Sinn-Féin-Chef Gerry Adams: eine starke Geste der Versöhnung.

Von Christian Zaschke, London

Gleich zu Beginn seines viertägigen Besuchs in Irland und Nordirland hat Prinz Charles den politisch wichtigsten Termin seiner Reise absolviert. Der britische Thronfolger traf am Dienstagnachmittag in der Universität von Galway auf den Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams. Die beiden Männer schüttelten einander einige Sekunden die Hand und sprachen eine Weile angeregt miteinander. Adams hatte um das kurze Treffen gebeten, der Prinz hatte zugesagt. Es war das erste Mal, dass Adams ein Mitglied der königlichen Familie traf. Die Begegnung gilt als kraftvolles Zeichen der Aussöhnung.

Im Nordirlandkonflikt waren seit den Sechzigerjahren bis zum Karfreitags-Abkommen von 1998 rund 3500 Menschen gewaltsam zu Tode gekommen. In mehr als 3000 der Fälle wurde kein Täter ermittelt. Die protestantisch-unionistische Seite kämpfte dafür, dass Nordirland Teil des Vereinigten Königreichs bleibt, die katholisch-republikanische Seite für ein vereinigtes Irland. Seit 17 Jahren geht es einigermaßen friedlich zu in der einstigen Unruheprovinz, aber einige wesentliche Fragen sind noch immer nicht geklärt, was regelmäßig zu Demonstrationen führt, bisweilen zu Gewalt.

In diesem Zusammenhang ist das Treffen von Charles und Adams besonders bedeutsam. Der Prinz ist Ehrenoberst eines Fallschirmjägerregiments, das während des Konfliktes in Nordirland eingesetzt war und unter anderem für den sogenannten "Bloody Sunday" verantwortlich ist, bei dem im Jahr 1972 in Derry 13 unbewaffnete Zivilisten erschossen wurden. Adams hingegen ist der wohl prominenteste Nationalist des Landes und seit mehr als drei Jahrzehnten Chef von Sinn Féin, der Partei, deren Hauptziel es ist, dass die sechs nordirischen Grafschaften Teil der Republik Irland werden. Er bestreitet, jemals Mitglied der terroristischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA) gewesen zu sein, die britischen Sicherheitskräfte sind jedoch anderer Ansicht. Zudem gibt es Zeugenaussagen, die nahelegen, dass Adams führendes IRA-Mitglied war.

Charles hat seinen Großonkel Lord Louis Mountbatten in dem Konflikt verloren: Dieser wurde 1979 von einer IRA-Bombe auf seinem Boot getötet. Damals hatte Adams die Tat gerechtfertigt und gesagt, Mountbatten habe wissen müssen, wie gefährlich es für ihn angesichts seines militärischen Hintergrunds sei, in ein Land zu reisen, das "eine Kriegszone" sei. Charles, der ein enges Verhältnis zu seinem Großonkel hatte, sagte seinerzeit, er habe jemand "unendlich Besonderen" in seinem Leben verloren.

An diesem Dienstag sagte Adams, er bedaure den Verlust des Prinzen und fühle mit ihm. Zugleich verwies er auf die vielen Menschen, die in dem Konflikt durch britische Truppen getötet wurden. "Es gibt Schmerz, es gibt Trauer, aber wir müssen in die Zukunft schauen", sagte Adams.

Als die Queen nach Irland reiste, setzte sie kleine Zeichen: ein grünes Kleid, ein bisschen Gälisch

Die Begegnung von Prinz Charles und Gerry Adams gilt als deutlichstes Symbol der Versöhnung, seit Königin Elizabeth II. 2011 nach Irland und 2012 nach Nordirland gereist ist. Bei ihrem Besuch im Süden setzte die Königin kleine Zeichen: Sie trug ein Kleid in der irischen Nationalfarbe Grün und einen Anstecker in Form einer Harfe; auf einem Staatsbankett sprach sie ein paar Worte auf Gälisch.

Während ihrer Reise durch den Norden traf sie ein Jahr später den stellvertretenden nordirischen Ministerpräsidenten Martin McGuinness, der früher IRA-Mitglied war. Dieser Handschlag wurde als historisch bezeichnet. Der zwischen Prinz Charles und Gerry Adams gilt als ebenso wichtig.

Charles wird auf seinem Besuch von seiner Frau Camilla begleitet. Die beiden werden zwei Tage im Westen Irlands verbringen, bevor sie für weitere zwei Tage nach Nordirland reisen. An diesem Mittwoch steht für den Prinzen der persönlichste Teil der Reise an. Er besucht das Dorf Mullaghmore in der Grafschaft Sligo. Vor der idyllischen Küste dieses Dorfes wurde Charles' Großonkel vor 36 Jahren in die Luft gesprengt.

Prince Of Wales And The Duchess Of Cornwall's Irish Trip Day One

Historisches Treffen: Der britische Thronfolger Charles (links) sprach kurz mit Gerry Adams, Präsident der republikanischen Partei Sinn Féin.

(Foto: Brian Lawless/Getty Images)
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