Großbritannien:Neuer Job für den "Roten Ken"

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Nach der Wahlschlappe gegen Boris Johnson stellt sich Londons ehemaliger Bürgermeister Ken Livingstone neuen Herausforderungen - bei seinem Freund Chávez in Venezuela.

S. Schoepp

Politiker im Ruhestand überschwemmen den Buchmarkt gerne mit Erinnerungen, nerven ihre Nachfolger mit Ratschlägen und leben von hochdotierten Beraterverträgen. Wie viel Londons abgewählter Bürgermeister Ken Livingstone von seinem neuen Arbeitgeber in Südamerika erhält, ist unbekannt.

Gute Freunde: Chávez und Livingstone vor der Londoner Tower Bridge. (Foto: Foto: dpa)

Sicher ist jedoch, dass der Labour-Politiker nach seiner Niederlage gegen den Konservativen Boris Johnson in Venezuela die Wärme und den Trost erfuhr, die er in London jüngst vermissen musste. Präsident Hugo Chávez umarmte seinen alten Freund und künftigen kommunalpolitischen Berater herzlich, als er ihn nun in Caracas begrüßte.

Der "Rote Ken", wie Livingstone wegen seiner Sympathie für linke Regime und Revolutionäre genannt wird, soll die Bürgermeister Venezuelas in Stadtplanung beraten und dabei helfen, aus Caracas binnen 20 Jahren eine "Metropole der Ersten Welt" zu machen, wie der 63-Jährige laut BBC ankündigte.

Eine große Aufgabe für den Erfinder der Londoner Citymaut. Die venezolanische Hauptstadt ist täglich bis spät in die Nacht von Autos und Bussen heillos verstopft, die ihre schwarzen Dieselwolken in die tropisch glühenden Straßenschluchten blasen. Außerdem hat sie eine der höchsten Mordraten Lateinamerikas. Chávez kann Hilfe brauchen, im Oktober stehen Kommunalwahlen an, bei denen er einen Dämpfer befürchten muss.

Die Zusammenarbeit kommt nicht ganz überraschend: Vor einem Jahr empfing Livingstone den umstrittenen Venezolaner in London, nachdem der Premier und die Queen abgewunken hatten. Dafür lieferte Ölexporteur Chávez billigen Treibstoff an die Londoner Verkehrsbetriebe. Eine halbe Million Sozialhilfeempfänger konnte seither zum halben Fahrpreis fahren.

Diese eigenwillige Form der Entwicklungshilfe abzuschaffen, war eine der ersten Amtshandlungen von Nachfolger Boris Johnson. Eine der reichsten Städte der Welt könne keine Hilfe von einem Land annehmen, in dem die Mehrheit arm sei, sagte er. Die Fahrpreise für bedürftige Londoner wieder zu erhöhen, traut sich Johnson aber nicht.

© SZ vom 29.08.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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