Großbritannien:Angela Eagle positioniert sich im Kampf um die Labour-Führung

Angela Eagle Challenges Jeremy Corbyn For The Labour Leadership

"Real leadership", wahre Führung, steht auf den Plakaten, mit denen Angela Eagle für sich als Labour-Vorsitzende wirbt.

(Foto: Getty Images)
  • Die langjährige Abgeordnete Angela Eagle will Jeremy Corbyn den Vorsitz der Labour-Partei abnehmen.
  • Noch ist gar nicht klar, ob Corbyns Name überhaupt auf dem Wahlzettel für die Mitglieder stehen wird, da er im Parlament nicht genug Unterstützung hat.
  • Eagle gehört zum linken Flügel der Partei und wirbt für sich als Kandidatin der Einheit.

Von Björn Finke, London

Ein turbulenter Mittag, nicht nur für die regierenden Tories: Wenige Minuten, bevor Andrea Leadsom ihre Kandidatur für den Parteivorsitz bei den Tories zurückzog, verschärfte sich der Führungsstreit bei der Oppositionspartei Labour. Die Parlamentsabgeordnete Angela Eagle verkündete, gegen den Vorsitzenden Jeremy Corbyn anzutreten. Der sei "unfähig, die Führung zu zeigen, die für diese riesige Aufgabe nötig ist", sagte die 55-jährige frühere Gewerkschafterin.

Mit der riesigen Aufgabe meint sie, die zerstrittene Partei wieder zu einen und mit den Folgen des Brexit-Referendums für Großbritannien umzugehen. "Dies sind dunkle Zeiten für Labour und gefährliche Zeiten für das Land", sagte sie.

Der Altlinke Corbyn war erst im September von der Parteibasis mit großer Mehrheit zum Vorsitzenden gewählt worden. Eagle will nun, dass die Mitglieder noch einmal abstimmen - und sie zur Chefin machen. Am Dienstag trifft sich die Führung der Partei und bespricht das weitere Vorgehen. Die Statuten der Partei sehen vor, dass nur solche Kandidaten für den Vorsitz auf den Stimmzettel kommen, welche die Unterstützung von einem Fünftel der Abgeordneten im britischen Parlament und im Europaparlament haben.

Für Eagle ist diese Hürde kein Problem, sehr wohl aber für Corbyn. Der 67-Jährige war nie beliebt in der Parlamentsfraktion, doch nach dem EU-Referendum brach eine offene Revolte aus. Die Partei hatte für den Verbleib geworben. Abgeordnete klagen allerdings, Corbyn - ein langjähriger EU-Skeptiker - habe sich nur halbherzig für die Union eingesetzt. Bei einer Vertrauensabstimmung in der Fraktion unterstützten ihn nur 40 Parlamentarier, 172 waren gegen ihn. Reihenweise traten Politiker seines Schattenkabinetts zurück. Im Schattenkabinett sitzen die Experten der Fraktion für die einzelnen Themengebiete, zugleich sind sie die Kandidaten für Ministerposten im Falle eines Wahlsiegs.

An der Basis ist Corbyn immer noch beliebt, doch der Rückhalt schwindet

Corbyn weigert sich trotzdem abzutreten, und verweist auf seine große Unterstützung an der Basis. Er hat sich mit Juristen beraten und sagt, dass er als amtierender Vorsitzender in jedem Fall auf dem Wahlzettel für die Mitglieder stehen werde - selbst wenn er nicht genug Unterstützer bei den Abgeordneten findet. Corbyn-Gegner zweifeln diese Position an.

Sollte Corbyn auf dem Zettel stehen, wird es schwer für Herausforderin Eagle. Zwar zeigen Umfragen, dass der Rückhalt für den Vorsitzenden an der Basis gesunken ist, aber er ist immer noch sehr beliebt.

Sie wäre die erste bekennende Homosexuelle an der Parteispitze

Eagle war in Corbyns Schattenkabinett für Wirtschaft zuständig, bevor sie zurücktrat. Die Abgeordnete, die als gute Rednerin gilt, warb für sich am Montag als Kandidatin der Einheit: "Ich bin weder eine Blairistin noch eine Brownistin noch eine Corbynistin", sagte sie mit Blick auf die verschiedenen Strömungen in der Partei. "Ich bin als Frau ich selbst - eine starke Labour-Frau."

Eagle gehört dem linken Flügel der Partei an. Sie wurde in Yorkshire in Nordengland geboren. Ihre eineiige Zwillingsschwester Maria Eagle ist ebenfalls Labour-Abgeordnete. Angela Eagle besuchte eine staatliche Schule, keine private wie so viele Parlamentarier, und studierte in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften. 1992 wurde die Gewerkschafterin ins Parlament gewählt.

Im Jahr 2008 war Eagle die erste britische Abgeordnete, die eine eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle einging. Sollte sie gewählt werden, wäre sie die erste bekennende Homosexuelle an der Spitze einer großen britischen Partei.

Doch Corbyn abzulösen wird nicht einfach. Eagle vertritt die Stadt Wallasey bei Liverpool im Parlament. Und der Labour-Verband in ihrem eigenen Wahlkreis spricht sich klar für Corbyn aus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: